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Christoph Ludwig Kämmerer: Die Conchylien im Cabinette des Herrn Erbprinzen von Schwarzburg-Rudolstadt

Kämmerer Conchylien

Eine hervorragende Conchyliensammlung

Christoph Ludwig Kämmerer:

Die Conchylien im Cabinette des Herrn Erbprinzen von Schwarzburg-Rudolstadt.
 
Beigebunden / bound with: Nachtrag zu den Conchylien im Fürstlichen Cabinette zu Rudolstadt.

I: Rudolstadt: „Auf Kosten des Verfassers, mit Bergmannischen Schriften“, 1786. — II: Rudolstadt: Georg Emanuel Beer, 1791.

Octavo. 202 × 120 mm. I: LXXII, 252, [3], [1 weiße] Seiten. — II: VIII, 76 Seiten. Mit XII sowie IV handkolorierten Kupfertafeln, davon die letzte gefaltet.

Kalbleder der Zeit auf fünf echten, erhabenen Bünden mit Rückenvergoldung aus Linien und Fileten, auf zweitem und drittem Feld ein hellrotes bzw. mattgrünes Rückenschild mit der Titelei, die anderen mittig je mit einem goldgeprägten Urnenstempel. Die Deckel im Tree-calf-Stil marmoriert. Stehkantenvergoldung, handgestochene naturfarbene Kapitale, Vorsätze aus mattviolett-mattblau gemustertem Marmorpapier.

Seltene erste Ausgabe, komplett mit dem fünf Jahre nach dem Hauptband erschienenen Nachtrag, der die jüngst aus dem „Museum Richter“ zu Leipzig erworbenen Conchylien beschreibt. Die Sammlung wurde nach dem System von Martini geordnet, das Kämmerer (1755-1797) anhand der vorliegenden Exponate verbesserte. „Was insbesondere die Sammlung anlangt, die ich vor mir habe, so weiss ich gewis, dass jeder Kenner sie vortrefflich finden wird; (...)“. Die Kupfer wurden von J. E. L. Kämmerer, dem Bruder des Autors, gestochen; cf. Nissen: ZBI, Band II, p. 152.

Nissen ZBI 2148 – Holzmann/Bohatta I,9910 – Bibliographien.

 

Ein wunderschönes Buch, aus einem Berliner Antiquariat für geringes Geld gerettet. Es erinnert mich an eine Reise, auf der eine Freundin und ich die Rucksäcke mit Muscheln füllten, weniger bunt und wohlausschauend als jene in Kämmerers Werk, doch dreidimensional.
 

 

Einleitung

Man kan die so mannigfaltig gestalteten Conchylien nicht leichter in gewisse Abtheilungen bringen, als wenn man sich vorstellt, wie die bildende Natur verfährt, um mit einer Schale einen Wurm zu bedecken. Eine einzelne Schale kan nur auf dreifache Art xu einem hohlen Körper geformt werden, der geschikt ist, zur Wohnung eines Thieres zu dienen; und das geschieht einmal, indem sie so gebogen wird, daß die eine Seite an die andere anschließt, und die Schale eine Röhre bildet, zweitens indem sie in die Form eines Gewölbes gedrükt wird, drittens indem sie gleich einem Papiere zusammen gerollt wird. Die Natur befolgt diese dreifache Art der Bildung, und so entstehen drei Sorten einschaliger Conchylien; die röhrenförmige, zu welchen die drei ersten Geschlechter des Martinischen Systems gehören, die gewölbten, dergleichen die Patellen und Seeohren sind, und die eingerollten, von welchen ich die Blasenschnecken zum Beispiele anführe.

Die Natur fährt nun fort, theils an diesen einfachen Schalen noch mehr zu bilden, theils auch sie zusammen zu setzen. Zu jener Absicht sind die röhrenförmigen, zu dieser die gewölbten Schalen geschikt. Die Röhre sey conisch gebaut, an dem einen Ende zugespizt, und geschlossen, an dem andern erweitert und offen. Schalen von dieser Gestalt um einen Punkt herum gewunden, daß die Spitze in der Mitte liegen bleibt, heißen um sich selbst gewundene Schalen, und das sind die Schifsboote und Ammonshörner; sind sie aber längs um eine Linie, oder Axe gewunden, so werden sie eigentlich gewundene Schalen genant, und hiervon ist das einleuchtendste Beispiel die Wendeltreppe.

Von den einschaligen Conchylien geht die Natur zu den zwei- und vielschaligen fort. Die zweischaligen sind nichts anders, als zwei mit einander verbundene gewölbte Schalen, an welchen derjenige Theil, wo sie verbunden bleiben, wann sie sich an den übrigen Theilen öfnen, das Schloß genant wird. Die Schalen aber, aus welchen die vielschaligen Conchylien bestehen, weichen mehr oder weniger von der gewölbten Gestalt ab, je nachdem die Zahl derselben, und die Art ihrer Zusammensetzung verschieden ist.

Diese Entstehungsart der Conchylien findet zwar nur in unserer Vorstellung statt; die Natur ist kein bildender Künstler, der aus einem gewissen Material diesen und jenen Körper formt, sonst könte sie hier wirklich so verfahren; allein die Conchylien werden wie organische Körper gezeugt, und ihr Wachsthum, und ihre Ausbildung erfolgt nach gewissen Gesetzen, die ich unten in etwas entwickeln werde. Indessen führt jene Vorstellung auf nichts irriges, vielmehr dient sie zu einer doppelten Äbsicht: einmal, wie schon erwähnt, die Begriffe von denjenigen Eigenschaften der Conchylien zu geben, zufolge welcher sie in gewisse Hauptabtheilungen gebracht werden; sodann ein gewisses algemein beobachtetes Naturgesez auch in Ansehung der Conchylien zu bestätigen, dieses nemlich, daß die Natur die Anlagen zu den mannigfaltigsten Gewalten der Körper immer auf die einfachen Regeln gründe, und daß sie einen und den nemlichen Körper so vielfältig verändere, als es seine Beschaffenheit und seine Bestimmung nur zuläßt.

Man theilt daher die ganze grose Anzahl der Conchylien gar schiklich in drei Classen, in einschalige, zweischalige, und vielschalige. Die erstern nent man Schnecken, die übrigen Muscheln. Und hierin kommen fast alle Conchyliologen überein. Die Schnecken theile ich, dem vorhin angeführten Unterschiede gemäs, wieder in folgende fünf Ordnungen: in röhrenförmige gewölbte, um sich selbst gewundene in eingerollte und in eigentlich gewundene Schalen. Die zwei- und vielschaligen Muscheln pflegt man auch abzutheilen, jene nach der Beschaffenheit des Schlosses, diese nach der Anzahl der Schalen, allein diese Abtheilung geht so ins kleine, daß durch sie schon die verschiedenen Geschlechter der Muscheln bestimt werden können und dies werde ich in dem nachstehenden Verzeichnisse thun.

Unsere Eintheilungen der natürlichen Körper haben gewöhnlich den Fehler, daß sie nicht allenthalben angewendet werden können; die Natur läßt sich nicht in künstliche Systeme einschränken; es giebt immer Körper, deren Eigenschaften uns zweifelhaft lassen, ob wir sie in diese oder jene Classe bringen sollen. Und diesen Fehler scheint auch die gegenwärtige Abtheilung der Schnecken, so angemessen sie der Natur ist, doch noch zu haben. Ich will mich hierüber nicht auf diejenigen röhrenförmigen Schalen beziehen, die, ob sie gleich gewunden sind, dennoch in der ersten Ordnung stehen; denn diese Conchylien haben in ihrer Windung das bestimte, regelmäsige nicht, welches bei einer Schnecke erfordert wird, wenn sie auf die dritte oder fünfte Ordnung Anspruch machen soll. Auch will ich nicht die Seeohren zum Beispiele anführen; denn ob sie gleich bei ihrem gewölbten Baue auch eine Art von Windung haben, so ist doch diese zu unbeträchtlich, und jener zu überwiegend, als daß man Bedenken tragen solte, diese Schalen unter die gewölbten zu setzen. Vielmehr habe ich die grose Aehnlichkeit vor Augen, die sich oft zwischen einer eingerollten und einer gewundenen Conchylie findet. Die leztere stellte ich unter einer conischen, um eine Linie oder Axe gewundenen Röhre vor. Hier füge ich noch hinzu, daß ihre Windungen (Umläufe, circumvolutiones anfractus, les orbes), gewöhnlich an einander anliegen, denn nur die Wendeltreppe und eine neue Art, die ich im 28sten Geschlechte beschreiben werde, machen hiervon eine Ausnahme. Nun schliesen sich bei den meisten eingerollten Schnecken die Einrollungen ebenfalls so an einander, daß sie nicht allein einen inwendig hohlen Umlauf, ein Gewinde bilden, sondern daß auch die Schnecke einer gewundenen um so ähnlicher ist, je mehr dieses Gewinde von aussen empor steht. Um daher den Unterschied zwischen beiden Ordnungen genauer zu bestimmen, so bemerke ich, daß bei den eingerollten Schalen die erste Windung immer sehr gros ist, und die übrigen ganz, oder gröstentheils in sieh hüllt; und daß sie hingegen bei den gewundenen Schalen eine geringere, und mit den übrigen Windungen im Verhältnis stehende Größe hat.

Jezt hoffe ich zugleich erklärt zu haben, was man unter dem Gewinde (clavicula) versteht. Es ist ein Haupttheil der meisten Schnecken, der überhaupt genommen die innern Einrollungen, oder Windungen in sich begreife. Insofern man aber die Schale nur von aussen betrachtet, deutet das Gewinde (spira, clavicule) denjenigen Theil der innern, oder obern Windungen an, der äusserlich sichtbar ist. Und wenn bei manchen Schalen, z. B. bei den Duten, der obere Theil der äussern Windung sich bricht, und gegen die innern Windungen so absinkt, daß er mehr mit diesen, als mit jener ein Ganzes zu machen scheint, so begreift das Gewinde auch diesen Theil mit in sich, und man kan dann die Gegend, wo er sich absondert, den Rand des Gewindes nennen. Derjenige Theil aber, mittelst welchen sich eine Windung an die folgende anschließt, heist der Fus der Windungen (les pas des orbes); und durch diese Verbindung selbst entlieht die Spirale (ligne spirale), welche Linné Sutura nent. Hält man Schnecken so vor sich, daß die Spitze des Gewindes oben ist, so drehen sich die Windungen gewöhnlich von der linken zur rechten, so daß die Schale nach der rechten Seite zu in die Mündung ausgeht. Es giebt aber Schnecken, bei welchen das Gegentheil statt findet, und die nent man linksgewundene. Man pflegt die Windungen zu zählen, und fängt von der größten an. Die Zahl derselben giebt ein Unterscheidungsmerkmal der Arten ab, aber kein ganz sicheres; denn nicht zu gedenken, daß sie, wie ich unten zeigen werde, mit dem Wachsthum der Schale sich vermehret, so bemerkt auch Adanson, daß sie selbst bei ausgewachsenen Schalen theils dem Geschlechte des Thieres nach, theils wegen zufälliger Ursachen bei einerlei Art verschieden seyn könne.

Wenn man eine Schnecke der zwei lezten Ordnungen nach der Länge durchschneidet, so erblikt man eine zwischen ihren beiden Endspitzen aufgerichtete Säule, welche die Spindel genant wird. Sie ist die Axe, um welche sich die Windungen drehen, sie dient die Windungen im Innern zu verbinden, und zu unterstützen, und entsteht, indem ihre Wände unterwärts verenget, und wie Steine einer Treppenspindel über einander aufgesezt, oder auch wie Papierduten in einander eingeschoben sind. Sondert sich durch diese Verengerung von außen ein Theil der untern Windung ab, so sagt man, daß die Spindel hervorgehe, und so wird diese Benennung auch einem äußern Theile der Schale eigen. Bei der Wendeltreppe aber, deren Windungen von einander abstehen, fehlt dieser Theil ganz; man sagt, die Spindel sey hohl.

Jede Schnecke muß eine Oefnung haben, aus welcher das Thier aus- und einkriechen kan. Sie wird die Mündung (ox, apertura, bouche) genant, und ist der zweite Haupttheil der Schale. An der Mündung der eingerollten, und gewundenen Schnecken unterscheidet man zwei Theile, die sie begränzen, und nent sie dis Lippen (labia, levres), die innere, oder Spindellippe, welche nach der Spindel zu, die äussere welche gegenüber liegt; den Theil aber, in welchem beide sich unten vereinigen, oder die untere Spitze der Schale, nent man die Nase (basis L.), und wenn er röhrenförmig verenget, und verlängert ist, den Schnabel (cauda, rostrum, queue, bec) Man pflegt auch von einer Grundfläche der Schale zu reden, und meynt damit den untern Theil der ersten Windung, der dem Gewinde entgegen liegt, und der sich in der Beschaffenheit einer Grundfläche an den Kräuseln zeigt. Denjenigen Theil der untern Windung aber, der an die Mündung gränzt, nent man den Bauch (venter), so wie den gegenüber liegenden den Rücken (dorsum). Diesen leztern Ausdruk braucht man auch bei den gewölbten Schalen, wo er den erhobenen Theil derselben bedeutet, dessen Spitze, die gleichsam der Schlußstein ist, sie mag nun zu oberst, und in der Mitte liegen oder nicht, der Wirbel (vertex, sommet) heist. Was man bei diesen Schalen den Rand nent, bedarf keiner Erklärung. Und dies sind die vornehmsten Theile einer Schnecke, die ganzen Ordnungen, wenigstens ganzen Geschiechtern zukommen.

Andere Theile sind nur diesen und jenen Arten eigen, zu deren Unterscheidung sie dienen. Es sind vornemlich gewisse Erhöhungen und Vertiefungen auf der äußern Fläche der Schale, die, nachdem sie diesem und jenem Körper ähnlich sind ebenfalls besondere Nahmen führen. Ueberhaupt nent man Vertiefungen, die verlängert sind, mit welchen die Schale entweder nach der Länge von der Spitze herab, oder querüber, und nach dem Gange der Windungen durchzogen ist, Furchen; und Erhöhungen dieser Art, mit welchen sie besezt, oder umgeben ist, Ribben; beide auch nur schlechtweg Streifen wenn sie ganz schwach, und zart sind. Dergleichen Erhöhungen, und Vertiefungen zeigen sich aber auch an einzelnen Theilen, und oft in noch mehr ausgedrukter Form, und daher redet man von Wulsten, Leisten, Säumen, Falten, so wie von Rinnen (Canälen), Auskehlungen, u.  s. w. Unter den übrigen erhobenen Theilen, die man bald Zacken, bald Stacheln, bald Knoten zu nennen pflegt, bemerke ich noch die Zähne, so wie unter den vertieften den Nabel. Die Zähne sucht man eigentlich an den Lippen, Oft sind sie in die Mündung hinein verlängert, und wenn sich dies bei der innern Lippe findet, nent man sie lieber Falten. Der Nabel ist die Grube, die viele Schnecken an dem untern Theile der Spindel haben, die bald mehr, bald weniger weit und tief ist, und die sich entweder wirklich in die Spindel hinein senkt, ©der nur von einer um die innere Lippe gebogenen blatförmigen Schale (Umschlag) gebildet wird. Die Perspectivschnecke gehört unter diejenigen, welche den vollkommensten Nabel haben, denn ihre ganze Spindel ist hohl.

Die Zeichnung, womit die meisten Schnecken geziert sind, ist unbeschreiblich mannigfaltig. Ich bemerke nur was man ein Band nent; es ist ein farbiger Streif, der die Schale gewöhnlich nach dem Gange der Windungen umgiebt.

Bei den zweischaligen Muscheln verdient die meiste Aüfmerksamkeit das Schloß, theils wegen seiner künstlichen Einrichtung überhaupt, theils wegen seiner verschiedenen Bildung bei den mannigfaltigen Arten der Muscheln insbesondere. Das Schloß besteht vornemlich ans zwei Theilen, einem weichem, hornartigen, den man das Ligament nent, der, an beiden Schalen ansitzend, sie wie ein Angel verbindet, und nach dem Tode des Thieres oft verloren gehet; und gewöhnlich noch aus einem andern, der diese Verbindung zu unterstützen, und mehr zu befestigen dient. Dieser leztere Theil, der insbesondere den Nahmen des Schlösses führt, ist bleibend, wofern er nicht mit Gewalt verletzet wird; er ist nicht hornartiger Substanz, sondern selbst Schale, und ist aus gewissen Erhabenheiten, den so genanten Zähnen, und Vertiefungen zusammengesezt. Bei den mehresten Muscheln liegen den Zähnen der einen Schale die Gruben der andern entgegen so daß jene sich in diese einsenken, und die Schalen zusammenhalten; bei einigen aber fassen diese Theile das Ligament zwischen sich, und scheinen bisweilen nur da zu seyn, um ihm zu einer Grundfläche zu dienen, an welcher es mehrere Berührungspunkte findet. Der künstlichste, und am meisten zusammengesezte Bau des Schlosses zeigt sich bei der erstern Art der Einrichtung.

Derjenige Theil des Umfangs, an welchem das Schloß liegt, heißt der untere (basis L.), der entgegenstehende der obere Rand der Muschel. Von den beiden Seitenrändern wird der vordere der genant, an welchem sich das Ligament, oder doch der größte Theil desselben hinzieht, und der gegenüber liegende der hintere. Die Länge der Schale ist der größte Durchschnit vom untern zum obern Rande, und die Breite der gröste Durchschnit zwischen den Seitenrändern. Hält man die Muschel so vor sich, daß ihre obere Seite oben, die hintere dem Gesichte zu gewendet ist, so ergiebt sich, welche Schale die rechte, welche die linke sey. Kommen beide in der Gestalt und Größe überein, so heißt die Muschel gleichschalig.

Die Wölbung der einzelnen Schale bildet eine schnabelförmige Spitze (bec), die sich von ihrer Höhe (umbo ) hinab zum Rande des Schlosses beugt. Die einander gerade entgegenstehenden, gewöhnlich nach dem hintern Rande gekrümten Schnäbel beider Schalen machen den Wirbel (sommet) der Muschel aus.

Bei vielen Muscheln ist neben dem Wirbel sowohl auf der vordern, als hintern Seite eine gedrukte, gleichsam abgesonderte Fläche (area) zu bemerken, und in der vordem eine Spalte, in welcher das Ligament liegt. Linné, ein Medicus, fand hier leicht Hymen, und Nymphen, u.  s. w. — honny soit qui mal y pense — ich glaube aber, daß man sich mit den bereits erklärten Benennungen behelfen kan, ohne nöthig zu haben, in die Analogie des Ritters einzugehen.

In Ansehung der innern und äußern Fläche findet bei den Muscheln fast eben das statt, was bei den Schnecken bemerkt wurde. Jene ist gewöhnlich glatt, selbst auch an den Stellen, welche die Lagerstätte des Thieres, und die Grundfläche seiner Befestigungsmuskeln bezeichnen; auf der äußern Fläche aber findet man mehrentheils Streifen, Furchen, und Ribben, die sich theils nach der Länge der Schale vom Wirbel herab bis an die Ränder, theils querüber, und bogenförmig von einer Seite des Wirbels zur andern ziehen, oft mit Schuppen, oder Stacheln besezt sind, und in der erstern Lage zuweilen Kerben am Rande bilden. Nicht wenige Muscheln zeichnen sich auch durch eine ganz blätterige Oberfläche aus. Unter den verschiedenen Zeichnungen, die hier doch nicht so mannigfaltig, als bei den Schnecken sind, will ich nur die Stralen bemerken, farbige Streifen, die sich vom Wirbel aus verbreiten.

Dies sind die vornehmsten Benennungen, die man bei Beschreibung der Conchylien zu bemerken hat, und der ich mich selbst bedienen werde. Was noch die vielschaligen Muscheln anlangt, so haben sie entweder ähnliche Theile, wie die zweischaligen, oder doch eben keine besondern Nahmen für dieselben.

Diese Erklärungen voraus geschikt, will ich hier zusammenfassen, was ich über das Wachsthum der Schalengehäuse zu sagen habe, und worauf mich theils algemeine, theils solche Beobachtungen führeten, die mir gewisse Geschlechter, und Arten der Conchylien, oder auch nur einzelne Schalen gestalteten.

Man hat über die Art des Wachsthums dieser Körper gestritten, und streitet noch. Der Streit bezieht sich auf mehrere Punkte, die ich, um genau zu gehen, aus einander sondern, und alle einzeln betrachten will. Und zu dem Ende nehme ich zuerst, und insbesondere die eingerollten, und gewundenen Conchylien vor, welche diese Zergliederung am meisten verstatten. Es fragt sich: haben die jungen Schalen, wann sie gebohren werden, alle Windungen im kleinen schon an sich, oder nicht? und wenn dieses ist, sind die fehlenden Windungen in den vorhandenen noch wie in einem Keime verschlossen, so daß sie sich nur zu entwickeln brauchen, oder setzen sie, sich bei zunehmendemAlter ganz von neuem an? im leztern Falle, geschieht dieses Ansetzen vermittelst eines in der Schale selbst liegenden Vasculargewebes, oder nicht, sondern blos durch äußere Mittel? und wenn dies ist, welches sind diese äußern Mittel, und wie erfolgt durch sie die Ansetzung der neuen Schale?

Schon Reaumur stellte über diesen Gegenstand Beobachtungen an, und ich meines Orts finde sie so entscheidend, daß ich, auch ohne sie durch eigene Erfahrung verstärkt zu sehen, nicht zwischen getrenten Meynungen schwanken würde, und daß ich mich sehr wundere, wie einige und siebzig Jahre nachher, binnen welcher Zeit so viel Liebhaber und Schriftsteller für die Conchylien entstanden sind, eine Sache, auf die einen wißbegierigen Geist schon jede Gartenschnecke aufmerksam machen muß, und die selbst in das bisher so sehr bearbeitete System der Conchylien keinen geringen Einfluß hat, noch im Streite befangen seyn kan.

Es ist wohl nichts leichter, als sich zu überzeugen, daß die jungen Schnecken weniger Windungen haben, als die alten. Man darf nur zählen können. Ich werde in dem nachstehenden Verzeichnisse aus häufigen Beispielen einige anführen, wo die Zahl der Windungen mit der Größe und dem Alter der Schale wächst, und in jeder mittelmäsigen Samlung wird man solche Beispiele finden; wer aber keine Samlung besizt, der suche sie in der lebenden Natur selbst. Man trage nur in den ersten Tagen des Sommers ei- nige Gartenschnecken von einerlei Art zusammen, und halte jüngere gegen ältere und ausgewachsene, welche leztern sich durch die Größe, und durch die ausgebildete Mündung zu erkennen geben, und immer wird man an jenen weniger Windungen, als an diesen zahlen. Mit Anwendung mehrerer Zeit und Mühe wird man sich hiervon ganz unwidersprechlich überzeugen können; wenn man nemlich im Frühjahre Schneckeneyer sucht, die Jungen auskriechen läst, sie pflegt, und nun die einzige Windung, welche sie mit aus dem Eye brachten, sich vermehren, und bis auf vier oder fünf anwachsen sieht. Hier ist nicht allein der Unterschied in der Zahl auffallend, sondern man ist auch wirklich überzeugt, daß man bei jeder Zählung einerlei Art, ja sogar die nemliche Schale vor sich gehabt hat. Indessen erinnere ich mich, daß einige Conchyliologen Beispiele anführen, die hierin das Gegentheil beweisen sollen. Um diesen zu begegnen, bemerke ich, daß es bei vielen Schnecken, besonders bei denen aus der See, schwehr fällt, die Zahl ihrer Windungen genau anzugeben, darum weil die Spitze ihres Gewindes abgerieben ist, und daß man in solchem Fall an den jüngern Schalen um so leichter eben so viele, wo nicht mehrere Windungen, als an den altern zählen wird, je unversehrter jene noch sind. Dazu komt noch, — und das hat auch Reaumur bemerkt — daß die Windungen mancher Schnecken in der Grösse nach einem solchen Verhältnisse zunehmen, daß eine einzige, ja schon eine halbe Windung, oder ein noch geringerer Theil derselben die Schale sehr ansehnlich vergrößert, daß also zwischen zwei Schnecken eine ganz auffallende Ungleichheit statt finden, und die Zahl ihrer Windungen nicht um eins verschieden seyn kan.

Wenn man das Gewinde einer jungen Schale mit dem Gewinde einer ältern vergleicht, so wird man finden, daß das erstere dem obern Theile des leztern, der mit ihm eine gleiche Anzahl Umläufe hat, der Gestalt nach eben so ähnlich, als dem Umfange nach gleich ist; und löset man die mehrern Windungen der ältern Schnecke ab, so behält man eine Schale übrig, welche sogar mit der jungen Schnecke in Ansehung der Mündung und Spindel wieder übereinstimt, wenn diese Theile beim Wachsthume sich verändert gehabt haben. Wer wolte nun wohl behaupten, daß die wachsende Zahl der Windungen von einer Entwickelung derselben abhange? Müste denn nicht zwischen den verglichenen Schnecken eine ähnliche Beschaffenheit wahrgenommen werden, wie zwischen einem Theile einer Pflanze, und dem Keime, welcher die ganze Pflanze in sich hüllt? Müßte nicht die alte Schnecke der jungem immer unähnlicher werden, je mehr Windungen man ihr benimt, wie ein alter Baum dem jungem, wenn man jenem die Aeste abhaut. Es ist also gewis, daß die Conchylie mit zunehmendem Alter mehrere Windungen erhält, und daß sich diese nicht aus den schon vorhandenen Windungen entwickeln, sondern daß sie sich ganz von neuen ansetzen.

Und dies schon giebt vielen Grund zu der Vermuthung, daß das Wachsen der Schalen nicht durch ein in ihnen selbst enthaltenes Vasculargewebe vor sich gehe, welches man wohl hätte annehmen müssen, wenn einer der vorigen Fälle statt gefunden hätte. Die Unmöglichkeit dieses Vasculargewebes will ich indessen noch nicht sogleich behaupten, ob gleich bei dem Umstande, der sich nun aus dem vorigen ergiebt, daß die Vergrößerung der Schale nur an dem einen Ende geschieht, dieses Vasculargewebe von besonderer Einrichtung seyn müste, so nemlich, daß es die zum Wachsthume bestimten Säfte blos zum Mündungssaume der Schnecke hinführe, hier absetze, und so sich selbst, und mit sich die Schale vergrössere. Allein sollte man denn das Vasculargewebe, das man doch an andern organischen Körpern so gut bemerkt, hier nicht eben so leicht entdecken, als die verschiedenen Lamellen, aus welchen die Schalengehäuse zusammengesezt sind? Und wie entstünden denn durch dieses Gewebe die verschiedenen Erhöhungen, und Vertiefungen der Oberfläche, die Knoten, Zacken, Leisten, u.  s. w., die um so weniger zufällige Auswüchse seyn können, je regeimäfiger sie vertheilt zu seyn pflegen. Müste man nicht die Anlage dazu schon im Vasculargewebe suchen? müste man sie aber auch nicht, ehe sie sich ausbilden, darin entdecken, so wie man in den Knospen der Bäume ihre neuen Zweige liegen sieht? Oder soll das Thier selbst an ihrer Bildung Antheil haben, entweder handelnd, durch einen gewissen Indinct, oder leidend, durch die Gestalt und Lage seiner Theile? Die leztere Erklärung wäre die natürlichste, sie nahet sich aber auch schon derjenigen, die ich in dieser Sache für die wahre erkenne, und die ich eile vorzutragen.

Nur noch einen Zweifel über die vorige, zur Prüfung ausgesezte Hypothese. Den Saft zum Wachsthume aus dem Leibe des Thieres in die Schale zu leiten, dazu soll das Ligament dienen, das Thier und Schale verbindet. Insofern diese Verbindung die genaueste ist, die hier statt findet, mochte das Ligament zu jenem Endzwecke auch der schiklichste Theil seyn. Allein allem Ansehen nach ist es ein Werkzeug, mittelst welches das Thier sein Haus regiert, und überhaupt seine Bewegungen hervorbringt, die Sehne, an welche sich die vornehmsten Muskeln heften; und ich glaube, je mehr es, wie man wahrnimt, wirklich von sehnenartiger Beschaffenheit ist, je weniger wird es zu einem Canale des Nahrungssaftes dienen können. Es komt dazu, daß dieses Band den Ort der Verbindung ändert, da die untern Windungen sich später ansetzen, und daß dieser Befestigungspunkt von dem Orte, wo die Vergrößerung der Schale vor sich geht, immer weit genug entfernt bleibt. Man muß also annehmen einmal, daß zu Aufnehmung des Saftes immer neue Gefäse der Schale sich darbieten, mit welchen das Ligament in Verbindung treten kan, zweitens, daß diese Gefäse einen grosen Theil der Schale durchdringen, ehe sie an den Ort ihrer Bestimmung gelangen. Wie weitläufig läst man hier die Natur verfahren, indeß sie auf einem weit kürzern Wege ihre Absicht erreicht! Ich schmeichele mir, in Verbindung mit einem Reaumur diesen Weg ausfindig gemacht zu haben.

Es ist bekant, daß die Schale einer Conchylie aus sehr feinen, auf einander liegenden Lamellen besteht, in die sie sich zerblättert, wann man sie dem Feuer aussezt. Betrachtet man aber die Theile, die sich dem Auge zuerst, und deutlicher darstellen, so sind es drei verschiedene Rinden, woraus die meisten Conchylien bestehen. Die äiisterste ist gewöhnlich dünn, spröde, etwas rauh, oft durchsichtig, ohne Farbe, oder einfach gefärbt, und von hornartiger Substanz; sie läßt sich durch Reiben, und mittelst einer Säure leicht absondern, und sie wird das Periosteum genant. Die darauffolgende Rinde ist stärker, gewöhnlich mit Zeichnung geziert, und mit Farben geschmükt, und besteht aus einem kalchichten. Wesen, dem eigentlichen Bestandtheile der Conchylien. Die dritte, oder innerste Rinde ist einfarbig, gewöhnlich weis, entweder von ganz ähnlicher Substanz mit der zweiten, oder von einer noch feinern Masse, deren Glanz in die Farben des Regenbogens spielt, und die unter dem Nahmen des Perlmutters bekant ist.

Man pflegt die Conchylien, ehe sie in die Samlungen gelangen, von dem äußern Kleide zu entblösen, darum weil es ihre verführerischen Reitze verhüllt. Die Erdschnecken zwar erlauben dieses seltener, ohne selbst ihr erstes gutes Ansehen zu verlieren. Je mehr hingegen die innere Rinde theils vor den Händen der Kunst, theils vor Anfällen in der Natur selbst gesichert ist, je gewisser können wir behaupten, daß sie nicht allein bei manchen Arten, insbesondcre bei den meisten Landschnecken sehr dünn, wohl kaum bemerkbar ist, sondern auch bei den jungen Schalen, vornemlich in den untern Windungen, immer dünner, als bei den ausgewachsenen. Die Porcellanen, und einige andere Conchylicn haben die äußere Rinde, so wie sie hier beschrieben ist, nicht, statt deren aber einen andern dünnen, und farbigen Ueberzug, durch welchen die Farben der drunter liegenden Rinde scheinen. Ja es giebt auch Conchylien, bei welchen man einen Unterschied mehrerer Rinden gar nicht gewahr wird; solche sind die röhrenförmigen Schnecken, die ihre Wohnung in andern Körpern aufschlagen.

Ich glaube ein sehr günstiges Vorurtheil für die vorzutragende Theorie vom Wachsthume der Schalengehäuse zu erwecken, wenn ich in voraus versichere, daß sowohl die Entstehung der lamellösen Theile, und der verschiedenen Rinden einer Conchylie, als auch der Endzwek der leztern, und die Ursache, warum sie bald alle da sind, bald zum Theil fehlen, so wie auch ihre verschiedene Beschaffenheit durch diese Theorie erkläret werden kann. Zuvor noch was weniges von den Theilen des Thieres, die sich beim Wachsthume der Schale zunächst wirksam beweisen. Es ist bei den Schnecken der Halskragen (limbus, collare, collier), und der Bezug (membrana, dorsalis, tunica, manteau), wie ihn der Conferenzrath Müller nent. Jener ist eine starke, unterhalb des Kopfes befestigte,, und in der Mündung der Schale ausgebreitete Haut, welche die Wohnung beständig verschlossen hält, das Thier mag in, oder ausser derselben seyn, durch eine in ihr enthaltene, gewöhnlich doppelte Oefnung aber den Eingang der Luft, und den Auswurf der groben Absonderung gestattet. Der Bezug ist die dünne mit dem Halskragen verbundene Haut, welche, wie eine Tapete, die innern Wände der Schale bekleidet, und zugleich die weichsten Theile des Thieres umhüllet. Diese beiden Häute besitzen die meisten Schnecken, wenn auch nicht immer von völlig gleicher Beschaffenheit, und in ganz einerlei Lage.

Niemand wird eine unserer gewöhnlichen Landschnecken beobachtet haben, der nicht wisse, daß verschiedene Theile ihres Körpers, vornemlich aber der Halskragen, einen klebrigen Saft absondern, der an der Luft bald verhärtet, und ein dünnes, sprödes, durchsichtiges Häutchen bildet, womit man die Schnecken oft an den Blättern der Sträuche hangen findet. An einer unausgewachsenen Gartenschnecke (Helix nemoralis L.), die ich aus dem Grase aufgehoben hatte, nahm ich wahr, daß der Halskragen in einer wellenförmigen Bewegung war, und daß bald darauf an der Schalenlippe ein ähnliches, doch etwas stärkeres Häutchen hervortrat, welches sich an die angrenzende Windung so ansezte, daß ich es für nichts anders, als für einen neuen Zuwachs der Schale halten konte, dessen Umfang ein wenig weiter war, als die alte Mündung. Die Bewegung des Halskragens dauerte einige Zeit fort, und der neue Theil der Schale wurde immer weiter geschoben, so daß der äussere, zuerst hervorgekommene Rand desselben zulezt wohl eine Linie weit vom Rande der Mündung entfernt war. Beim Versuche mit dem Scheidewasser fand ich feine Substanz nicht kalchicht, sondern hornartig; und durch das Microscop bemerkte ich an ihm die Streifen, die sich auf der äußern Fläche der Schnecken bald mehr bald minder deutlich zeigen, die immer in einer wellenförmigen Beugung die Schale nach der Länge durchziehen, die augenscheinlich ihr Daseyn durch die Bewegungen des Halskragens erlangen, und die ich darum in dem nachstehenden Verzeichnisse die Spuren des Wachsthums (les crues) nennen werde. Irre ich mich, wenn ich den auf diese Art entstehenden Theil der Schale für ihre äussere Rinde, für ihr Periosteum halte?

Eine Beobachtung, die, so wichtig sie hier ist, man doch oft und leicht wiederholen kan, ist die, welche Reaumur an einer bandierten Gartenschnecke machte. Er hob ein Stük Schale, das an die Mündung grenzte, los, und fand, daß auf dem entblöseten Halskragen Bänder, wie auf der Schale gemalet waren, nur von blässerer Farbe, aber in gleicher Anzahl, und Lage, so daß die Bänder der Schale die des Halskragens dekten. Die verlezte Schale stellte sich in der Folge wieder her, und das neue Stük war dem weggenommenen ähnlich. Ich kan mich unmöglich durch diese Beobachtung auf einen andern Gedanken führen lassen, als auf den, welchen Reaumur damit verband. Dieser Theil des Halskragens also ist derjenige, welcher die Schale bildet, die durch Zeichnung und Farbe unsere Augen bezaubert, und das ist nach meiner Theorie die weite Rinde der Conchylie.

Wenn man ferner mit Reaumur an einer Gartenschnecke ein Stükchen Schale in einer Entfernung von der äußern Lippe behutsam abtrent, so komt in der Oefnung der Bezug zum Vorschein. Diese Oefnung bleibt aber bei lebendem Thiere nicht lange, so ist sie wieder mit einer kalchichten, weissen Rinde verschlossen. Ich will hier nicht wiederholen, was Reaumur dargethan hat, daß hier die Heilung der Wunde wirklich durch jene, die Wände bekleidende Haut bewirkt werde, und daß sich hieraus ein Grund mehr hernehmen lasse, der Schale selbst das Vasculargewebe abzusprechen, sondern ich will nun hiermit die Behauptung unterstützen, daß diese Haut der dritten Rinde ihren Ursprung gebe.

Diese Beobachtungen thun wohl zur Gnüge dar, daß die Schalengehäuse sich vergrössern, und mehrere Windungen erlangen blos durch Ansetzung neuer Theile (per juxtapositionem) an ihrem Mündungssaume; wobei man zwar ein Vasculargewebe, das die hierzu nöthigen Säfte absondere, und sie an den Ort ihrer Bestimmung führe, im Körper des Thieres zum Grunde legen muß, keinesweges aber in der Schale; vielmehr wird die Behauptung des leztern (oder der Intussusception), wenn ich sie oben noch nicht hinlänglich widerleget habe, durch diese Beobachtungen gänzlich entkräftet.

Die äussere Rinde ist die erste, welche zum Vorschein komt, Sie entsteht aus einem Safte, den, weil er von anderer Beschaffenheit ist, als die eigentliche Gonchylienmasse, vielleicht auch eigene Gefäse absondern; sie wird durch die Bewegungen des Halskragens hervorgebracht, und gebildet, und wird nun die Grundlage, und die Form, auf welche sich die nächstfolgende Rinde absezt, und eindrükt, so daß diese die Gestalt von jener sogar bis auf die Spuren des Wachsthums annimt, die man an den Conchylien gewahr wird, wenn gleich das Periosteum abgerieben ist. Von der Gestalt und Lage des Halskragens, und von der besondern Bewegung, in die er bei Hervorbringung neuer Schale gesezt wird, hangt also die Bildung der Schalengehäuse ab; da nun aber jenes Eigenschaften sind, die dem inwohnenden Thiere zugehören, so ersieht man leicht, wie beim Wachsthume der Conchylien, Theilen organischer Körper (**), nichts zufälliges herrsche, und wie die Gestalt der Gehäuse sich eben sowohl auf besondere Anlagen in der Mutter gründe, als die Gestalt des Thieres, dessen Körperbau mit der Schale übereinstimmen muß, da beide zusammen gebohren werden. Gewisse Unebenheiten der Schale, die Querribben, die Knoten und Zacken, können nicht entgehen, ohne daß der Halskragen ähnliche Theile an sich habe (**); andere aber kommen von einer andern Ursache her, so z. B. die Ribben oder Leisten, mit welchen viele Schalen der Länge nach besezt sind, von dem unterbrochenen Wachsthume, wie ich es unten bei einigen solchen Schnecken erklären werde. Ich bemerke hier nur, daß manche Conchylren, sowohl Schnecken als Muscheln, entweder ihre Schalen ununterbrochen fortbauen, oder den neuen Anbau so anlegen müssen, daß man kein Merkmal davon gewahr wird; indeß andere gewisse Unebenheiten, Furchen oder Ribben, die ich in dem nachstehenden Verzeichnisse die Schalenansätze nennen werde, als deutliche Spuren davon zurüklaffen.

Das Periosteum hat ausser der Bestimmung, wovon ich geredet habe, noch eine zweite, und diese zwekt auf die Erhaltung der Schale ab. Dazu kan es schon als äußere Decke dienen, und ich glaube, daß manche Seeconchylien darum ein starkes Periosteum haben, weil sie vielen Unfällen ausgesetzet sind. Allein man darf nur die Substanz dieler äussern Rinde betrachten, um einzusehen, wie sie allen Schalen dienlich wird. Die Substanz ist hornartig, und also eine Materie, die der Säure, von welcher Wasser und Luft nicht frei sind, weniger ausgesezt ist, als die kalchartige. Die erste Absicht aber bleibt die vornehmste, und wenn man Schalen findet, an welchen man kein Periosteum wahrnimt, so kan man vermuthen, daß, wenn es wirklich fehlt, und nicht zu dünn, zu durchsichtig, und unbemerkbar ist, seine Stelle durch etwas anders ersezt werde. Und davon mehreres unten.

Reaumur hat an seinen Schnecken die äußere Rinde nicht ganz unbemerkt gelassen, ohne jedoch ihre erste Absicht, und ihre Entstehung zu entdecken. Ueberhaupt sezt er, wiewohl unrichtig voraus, daß die Vergrösserung des Thieres der Vergrösserung der Schale vorhergehe, und daß eigentlich der übertretende Halskragen den neuen Ansaz verursache. Nach meiner Beobachtung ist es umgekehrt, und es geht immer ein Theil der äussern Rinde vor dem Thiere her. Indem aber das Thier selbst wächst, und nach und nach in der Mündung weiter vorrükt, wird durch den Halskragen die zweite Rinde auf der ersten ruhig abgesezt, und zwar nach und nach, so daß Lamellen entstehen. Ich glaube, daß sich Reaumur einigen Zwang anthut, wenn er hierbei annimt, daß die Gefäse, welche den Wachsthumssaft herbeischaften, an den Seiten Löcher haben, die sich da, wo die Rinde angeleget werden soll, öfnen, und daß, so wie sich der Stein in den Brunnenröhren ansezt, auch hier die grobem Theile des Saftes in den Gefäsen, die er durchläuft, abgesondert, und zu den Wänden hingetrieben werden, wo sie in den Löchern einen Ausgang finden. Man gebe den Gefäsen eine andere Lage, so daß sie selbst mit den äussersten Enden an dem bestimten Orte den Ausgang haben, so wird die Erklärung leichter, und die Sache schon von selbst einleuchtend. Und nun sehe man noch einmal auf die Reaumurische Beobachtung zurük, so wird es eben so einleuchtend werden, wie die farbige Zeichnung der Conchyiien entsteht, wobei ich jedoch nicht unerinnert lassen will, daß Umstände hinzu kommen können, welche die Mannigfaltigkeit derselben vermehren helfen.

Was endlich die innere Rinde anlangt, so habe ich zu dem, was ich bereits von ihrer Entstehung gesagt habe, nichts mehr hinzuzufügen, als dieses daß sie wahrscheinlich auf ähnliche Art, wie die zweite hervorgebracht wird. Sie ist diejenige, welche sich zulezt ansezt, und ihre Absicht scheint zu seyn, die Schale mehr zu verstärken, zumal da sie an den Seeconchylien, die mehrern Unfällen ausgesezt sind, gewöhnlich stärker gefunden wird, als an den Land- und Flußconchylien. Daß sie aber an den jungen Schnecken, und vornemlich in den untern Windungen immer dünner ist, als an ältern Schalen von eben der Art, das stimt mit der vorgetragenen Theorie, nach welcher sich eine Windung nach der andern, und eine Lamelle über der andern ansezt, auf das schönste überein.

Die Bemerkungen, welche ich vorgetragen habe, sind in Ansehnng der Schale algemein, und gehen sowohl Schnecken als Muscheln an; in Ansehung des Thieres aber habe ich noch den Zweifel zurükgelassen: ob denn wohl das Muschelthier, das, wie bekant, von dem Bewohner der Schnecke nicht wenig abweicht, auch solche Theile besitze, die zur Hervorbringung der Schale geschikt sind. Die Beobachtungen, die ich an Teich- und Flußmuscheln angeslellet habe, und die wenigen Nachrichten, die uns einige Schriftsteller von den Muscheln der See geliefert haben, können diesen Zweifel benehmen. Auch das Thier der Muschel besizt eine Haut (velamentum), die seinen Körper umhüllt, und die innern Wände der Schale bekleidet. Einige Schriftsteller nennen sie den Mantel; es wäre aber schiklicher, sie ebenfalls den Bezug zu nennen, weil sie wirklich den Dienst versieht, den jener Theil, verbunden mit dem Halskragen, bei den Schnecken leidet. Diese Haut, welche mit den Befestigungsmuskeln in Verbindung steht, ist zuweilen mit Franzen oder andern Anhängen besezt, gewöhnlich aber mit einem stärkern, mehr muskulösen Saume (limbus) eingefaßt, der ledig ist, und sich über den Rand der Schale erweitern kan, indeß die Haut selbst gewöhnlich den innern Wänden anhängt. Diesen beweglichen Saum, der, wie man wahrnimt, bei bunten Muscheln bunt, und sogar regehnäsig gezeichnet ist, halte ich für den Theil, welcher das Wachsthum vorzüglich bewirkt, die neue Schale bildet, und färbt, oder die beiden äußern Rinden hervorbringt, auf welche sodann der übrige Theil des Velaments die dritte absezt. Näher nun läst sich hier das Wachsthum eben so erklären, wie vorhin bei den Schnecken, nur mit Rüksicht auf die Gehalt der Muschel, welche erfordert, daß der neue Ansaz, rund um am Rande jeder Schale geschehe. Und hier kan ich nicht unerinnert lassen, daß das künstlich gebaute Schloß zwar einige Schwierigkeit in den Weg zu legen scheint, die sich aber bei genauerer Betrachtung derselben immer heben läßt.

Endlich tragen die Bemerkungen über die Thiere derjenigen Schnecken, welche hier gleichsam als ein Mittel zwischen den übrigen Schnecken und den Muscheln angesehen werden können, ich meyne die gewölbten, zur Bestätigung dieser Theorie auch noch das ihrige bei. Um sich hiervon zu überzeugen, darf man nur die Adansonische Beschreibung des Libot und Ormier lesen.

Es giebt, wie schon erwähnt, Conchylien, an welchen man einen Unterschied mehrerer Rinden nie gewahr wird; es giebt aber auch Thiere, welche einen Mangel an den beschriebenen, zum Wachsthume der Schale erforderlichen Theilen haben. Ich will einen Versuch machen, zu sehen, ob sich jener Mangel nach diesem richtet, ferner ob die fehlende Rinde entbehrlich ist, oder durch etwas anders ersezt wird. Alles dieses, wenn es sich so findet, muß die Richtigkeit der vorgetragenen Theorie nur noch mehr betätigen. Ich betrachte zu dem Ende die Schnecken, die in andern Körpern wohnen, und die ich im 2. Geschlechte unter den Nahmen der Herculeskeule und der Schlauchröhre anführe. Ohne Zweifel sind ihre Bewohner nicht allein einander selbst, sondern auch andern Thieren ähnlich, die, in röhrenförmige Schalen verschlossen, eine gleiche Lebensart führen. Und zu diesen gehört der von Adanson beschriebene Taret. Dieser Wurm ist zwar von einer dünnen Haut umkleidet, und besizt also einen zur Vergrößerung der Schale nöthigen Theil; aber von einem andern, welcher die Stelle des Halskragens vertreten könte, finde ich in Adansons Beschreibung nichts angemerkt. Wie sind nun aber die Schalen beschaffen? Sie haben weder ein Periosteum, noch eine farbige Rinde; sie sind ganz einfach gestaltet, und haben die Form der Höhlung, in welcher sie verborgen liegen. Unten werde ich bemerken, daß der Wurm diese Höhle selbst bohrt, und daß er seine Schale an die Wände derselben ansezt. Hier also ein Beispiel, wo beim Mangel des Halskragens auch die äußern Rinden fehlen, und wo die Stelle derselben durch etwas anders vertreten wird; denn das Periosteum stellen hier die Wände der Höhle vor, die zweite Rinde aber kan leicht durch diejenige ersetzet werden, mit welcher sie einerlei Bestandtheil und Endzwek hat.

Diese Untersuchung lehrt zugleich, daß es Conchylien giebt, deren Entstehung so einfach ist, daß nichts weiter erfordert wird, als das Austreten eines Saftes, der wie eine Incruflation verhärtet; Conchylien, die, um sie in eine sehr schikliche Vergleichung zu bringen, eine ähnliche Entstehung haben, als die Deckel, womit die Garten- und Weinbergsschnecken des Winters ihre Wohnungen verschliesen.

Nun sind mir noch die Schalen übrig, die statt der gewöhnlichen äussern Rinde mit einem besondern farbigen Ueberzuge bekleidet sind, worin sich vornemlich das schöne Geschlecht der Porcellanen merkwürdig macht. Diejenigen, welche die Hypothese der Intussusception unterstützen wollen, müssen wohl vielerlei Gefäse durch einander annehmen, um zu zeigen, wie auf einer farbigen Schale ein Ueberzug entstehe, der, so äußerst dünn er ist, doch wieder eine ganz andere Farbe, und Zeichnung hat. Mir hingegen wird es leicht fallen, die Entstehung dieser dünnen Rinde auf eine ähnliche Art, wie die der drunterliegenden Schale, zu erklären, so bald ich nur annehmen darf, daß der Bewohner sein Gehäuse von aussen mit einer Haut umziehe, welche diese Rinde absezt. Diese Muthmasung wäre gewis schon an und für sich von der Unmöglichkeit sehr entfernt; nun aber ist sie sogar bestätiget, wie ich unten bei dem Geschlechte der Porcellanen anzeigen werde; bis dahin ich die weitere Erklärung dieser Sache verspare.

Diese Bemerkungen über das Wachsthum der Schalengehäuse wird man nun leicht auf alle Conchylien anwenden können, selbst auf alle diejenigen, welche von der gewöhnlichen Regel eine Ausnahme machen, deren ich einige der Kürze wegen habe übergehen müssen. Die Theorie, welche ich jezt vorgetragen habe, ist zwar in der Hauptsache die Reaumurische, die in den neuern Zeiten so viele Gegner gefunden hat; allein ungerechnet, daß meine Erklärung den Gegenstand in einem lebhaftem Lichte darstellt, daß sie auf die verschiedenen Eigenschaften der Conchylien, und ihren Ursprung näher hinführt, und Zweifel hebt, die man in dieser wichtigen Sache noch machen konte, so gründet sie sich auch auf eine Beobachtung mehr, die ich der Natur selbst, und keinem Schriftsteller schuldig bin.

Ueber den Nutzen dieser Theorie will ich mich nicht einlassen; ich glaube, daß er sich in der Physiologie der Geschöpfe für die algemeine Naturgeschichte eben so äussern soll, als ich ihn in der Conchyliologie bemerkt habe. Denn da ist es gewis, und das nachstehende Verzeichnis wird es näher zeigen, daß man im Systeme auf unzählige Stellen komt, wo man ohne diese Theorie keinen sichern Schritt thun kan. Jezt erinnere ich mich aber an eine Sache, worüber ich noch etwas zu sagen habe.

Ich habe bei dieser Arbeit mir vorgenommen, das System der Conchylien zu verbessern; dies verbindet mich hier die Regeln vorzutragen, welchen ich in dieser Absicht nachgegangen bin. Zwei Punkte sind es, die man bei dem Systeme der natürlichen Körper vor Augen haben muß: die Unterscheidung der Arten, und die Anordnung derselben.

Diejenigen Thiere machen eine Art (Gattung) ans, die sich unter einander begatten, und fruchtbare Junge zeugen; oder algemeiner, diejenigen organischen Körper sind von einerlei Art, die von einem einzigen Stamme entsprungen seyn können. Die Erfahrung bestätiget, daß man diesen Unterschied unter den Geschöpfen festsetzen kan, und der ßegrif, den schon andere angenommen haben, enthält also was wirkliches. Allein um Anwendung von ihm zu machen, trit die Schwierigkeit ein, daß wir in den Untersuchungen der Natur selten so weit gehen können, als er erfordert. Die Fortpflanzung der Geschöpfe ist ein Theil ihrer Geschichte, in welchem noch sehr viel Dunkelheit ist, und immer bleiben wird; wir müssen uns also an etwas anderes halten, um die Arten jenem Begriffe gemäs zu nnterscheiden. Und hier können wir es, wo nicht zur Gewisheit, doch auf einen hohen Grad der Wahrscheinlichkeit bringen. Die Merkmale, welche die Geschöpfe an sich haben,sind das Mittel hierzu.

Die Erfahrung lehrt, daß jede Art sich durch gewisse Eigenschaften auszeichne, und daß ihre Individuen in gewissen Merkmalen immer übereinstimmen, in andern von einander abweichen. Diese Eigenschaften müssen wir aufzusuchen, und zu unterscheiden wissen. Ich will diejenigen, welche bei einer Art bleiben, die beständigen, die übrigen die veränderlichen nennen. Die leztern sind, wie man wahrnimt, der Veränderung mehr, oder weniger ausgesezt, so daß einige leicht mit jeder Zeugung wechseln, andere aber sich durch viele Zeugungen hindurch erhalten, und nur nach und nach verlöschen. Durch die leztern unterscheiden sich die Körper, welche man Abänderungen nent, durch die erstern aber die so genanten Spielarten. Unter die leicht veränderlichen Eigenschaften kan man auch diejenigen zählen, welche der Uebereinstimmung der Maschine mit ihrem Endzwecke nachtheilig fallen, und die in einem Mangel, oder Ueberflusse der Theile des Körpers, in einer unregelmäsigen Bildung, oder abweichenden Lage derselben bestehen. Geschöpfe, die mit solchen Fehlern behaftet sind, nent man Mißgeburthen.

Hier eine Anwendung auf die Conchylien. Eine sonderbare Erscheinung sind die linksgewundenen Schnecken unter ganz ähnlichen rechtsgewundenen. Man hielt sie anfänglich für Misgeburthen, bis sie in der Folge häufiger vorkamen, und bis sich entdekte, daß gewissen Schalen die linke Bildung eigener sey, als die rechte. Was sind sie denn aber, den obigen Begriffen nach? Eine sehr interessante Beobachtung entscheidet es. Herr Chemniz zog linksgewundene Schnecken, und nahm bei ihrer nächsten Fortpflanzung wahr, daß sie in rechtsgewundene ausarteten. Dieser Beobachtung zufolge sind die linksgewundenen Schalen, welche unter einerlei Eigenschaften mit andern rechtsgewundenen seltener vorkommen, nichts anders, als Spielarten, so wie umgekehrt die rechtsgewundenen das nemliche sind, wenn sie bei einer Art seltener fallen, als die linksgewundenen.

Allein auch bei den Spielarten und Abänderungen ereignet sich nur selten der Fall, sie nach ganz entscheidenden Beobachtungen zu bestimmen; auch bei ihnen, wie bei den Arten selbst, müssen wir uns mit Wahrscheinlichkeiten behelfen, welche uns die Vergleichung ihrer Eigenschaften an die Hand giebt. Von allem diesen will ich nun näher reden, und ob ich mich gleich auf die Conchylien einschränke, so wird mir doch ein jeder, welcher die Wege der Natur nur einigermafen kent, zugeben, daß die Regeln, welche ich festsetze, eben sowohl auf andere Geschöpfe anwendbar seyn können, als ich das Recht habe, Gründe, worauf ich sie baue, von diesen zu entlehnen.

Ich unterscheide an einer Conchylie fünf Stücke: den Bau, die Bildung, die Zeichnung, die Farbe, und die Grösse. Hierunter müssen die Eigenschaften enthalten seyn, wonach die Arten und Abänderungen zu bestimmen sind.

Die Erfahrung lehrt, daß jede Art von Geschöpfe einen gewissen Grad der Größe nicht übersteigt, und unter einen gewissen andern nicht hinunter sinkt. Das ist die dem Geschöpfe eigentümliche Grösse, deren Stufen aber gewöhnlich so veränderlich sind, daß man sie nicht einmal für Kenzeichen einer Spielart ansehen kan; und da wir von einzelnen Körpern jene äußersten Grade nicht abnehmen können, so ist es zwar gut, und zur deutlichen Vorstellung erforderlich, die Größe eines Körpers zu bemerken; aber sie allein ist nicht hinreichend, eine Art oder Abänderung zu bestimmen.

Ein beständigeres Merkmal ist die Farbe, das aber dem Wechlel ebenfalls nicht wenig: ausgesezt ist. Dies lies sich aus der Beschaffenheit der Farbe beweisen, wenn es nicht die Erfahrung genugsam darthäte, insbesondere durch diejenigen Körper, die an sich selbst zu gewissen Zeiten die Farbe ändern. Solche Körper ausgenommen, so dient dieses Merkmal, die Spielarten und Abänderungen, nicht aber die Arten zu unterscheiden.

Von mehreren! Gewichte ist die Zeichnung, oder die Vertheilung der Farbe am Körper des Thieres, welche, da sie gewöhnlich regelmäsig gefunden wird, uns zu erkennen giebt, daß sie vom Organismus des Thieres mit abhange. Dieser Organismus aber ist allem Ansehen nach ein ganz äusserer, in welchem Veränderungen vorgehen können, die auf die Art des Geschöpfes keinen Einfluß haben. Davon giebt auch die Erfahrung vielfältige Beispiele, besonders an den Zucht- und Hausthieren. Ueberdies kan die Zeichnung der Conchylien durch ihre besondere Entstehung, da sie von einem Körper auf den andern übergetragen wird, Veränderungen leiden, die sich auf den Organismus gar nicht beziehen; z. B. die Bänder einer Schale können bald mehr, bald minder deutlich aufgetragen seyn, bald ganz, bald unterbrochen, zerschlizt, oder sonst verändert erscheinen. Ob nun gleich die Zeichnung nicht sicher genug ist zur Unterscheidung der Arten, so ist sie doch oft der erste Führer, und ich habe gefunden, daß, wann sich auch bei ihr gewisse Veränderungen ereignen, doch gewöhnlich etwas von der ersten Zeichnung übrig bleibt.

Der Bau, und die Bildung sind Eigenschaften, welche vom Organismus am nächsten abhangen. Da nun dieser der verschiedenen Bestimmung jeder Art angemessen sevn muß, so müssen auch jene Eigenschaften bei jeder Art verschieden seyn; daß aber umgekehrt von ihrer Verschiedenheit auch immer auf eine andere Art zu schliesen sey, würde sich nur dann behaupten lassen, wenn äußere Umstände keinen Einfluß auf sie haben solten. Ich will die Sache näher betrachten. Ich verstehe unter dem Baue einer Conchylie ihre Gestalt im grofen, welche auf der Gestalt, Lage, und dem Verhältnisse der Haupttheile beruht; zur Bildung aber rechne ich die Beschaffenheit ihrer Oberfläche, die Ausbildung der grössern Theile, und die kleinern Theile, womit jene geziert, und ausgerüstet sind. So stimt eine Dute mit der andern im Baue überein, wenn beide ganz kegelförmig gestaltet sind, wenn bei der einen der Körper sowohl, als die Mündung, in der Länge und Breite eben das Verhältnis hat, als bei der andern, und wenn an beiden das Gewinde verhältnismäsig gleich weit hervor trit. Diese Duten würden aber in der Bildung von einander abweichen, wenn die eine gestreift wäre, die andere nicht, wenn die Umlaufe des Gewindes bei der einen ausgekehlt, bei der andern erhoben, oder platt wären, u.  s. w.

Die Natur macht ihre verschiedenen Geschöpfe an allen Theilen kentlich, und daraus folgt, daß die Schalengehäuse im Baue, und in der Bildung verschieden seyn müssen, wenn es ihre Bewohner sind, und umgekehrt. Dies habe ich bestätigt gefunden, und darum kan man sicher die Arten der Conchylien nach der Schale bestimmen. Allein wenn man auf die Theorie vom Wachsthume der Schalen zurük sehen will, so wird man erkennen, daß Umstände eintreten können, welche hier eine Behutsamkeit erfordern. In der Bildung der Schale können sich Veränderungen ereignen, die man an den Thieren nicht bemerkt; so können sich die Streifen bald mehr, bald minder stark ausdrücken; ein Thier kan im Baue stet, und ununterbrochen fortfahren, ein anderes weniger sein, und gleich bauen, welches alles nicht in dem Wesen der Art liegen muß; durch den starken Zufluß der Säfte können gewisse Theile ganz verändert werden, wie z. B. der Nabel bei einer Art Conchylie bald sichtbar, bald verdekt ist. In solchen Fällen pflegt die Zeichnung ihre Dienste zu leisten, und auf eine genauere Betrachtung zu führen. Zufällige Ursachen können aber auch an Thier und Schale zugleich Veränderungen hervorbringen. Das ereignet sich besonders im Baue, da z. B. eine Conchylie mehr oder weniger gestrekt ist. Eine solche Abweichung kan ich unmöglich für ein Zeichen verschiedener Arten halten, insofern die andern Merkmale, oft sogar die veränderlichen, noch die nemlichen bleiben. Indessen haben die Abweichungen im Baue auch ihre Grenzen. Wenn sich die vorhin erwähnte Veränderung in der Form nicht über den ganzen Körper verbreitet, so werden sich gewis auch andere Eigenschaften verändert finden; das habe ich wahrgenommen, und in solchen Fällen auf eine besondere Art geschlossen.

Nach diesen Grundsätzen werde ich mich in dem nachstehenden Verzeichnisse richten. Ich bestimme die Arten durch Bau, und Bildung, die Abänderungen, welche ich hier von den Spielarten nicht unterscheide, durch Zeichnung und Farbe. Jene deute ich durch Zahlen, diese durch Buchstaben an. Schalen, die mich über diesen Unterschied zweifelhaft lassen, führe ich ebenfalls unter besondern Nummern auf, oft mit Hinzusetzung meines Zweifels; diejenigen aber, die unter einer Nummer vereinigt sind, erkenne ich nach meinen bisherigen Beobachtungen, und den vorgetragenen Sätzen gemäs, für nichts mehr, als Abänderungen.

Ich komme auf den zweiten Punkt des Systems. Sind die Arten aus einander gesezt, und mit ihren Abänderungen vereiniget worden, so ist nun nöthig, sie gehörig anzuordnen. Und hier beruht alles auf ihrer Verwandschaft. Körper sind einander verwandt, wenn sie gewisse beständige Eigenschaften gemein haben. Diese Eigenschaften stehen unter sich in einem gewissen Range, welcher vornemlich beobachtet werden muß. Diejenigen, welche zum Leben des Körpers die unentbehrlichßen sind, wie z. B. der Organismus bei den lebenden Geschöpfen überhaupt, Herz und Luftwerkzeuge bei den Thieren insbesondere, die behaupten einen höhern Rang, als diejenigen, welche ihm nur zu gewissen andern Bestimmungen dienen. Man wird finden, daß die erstern, je mehr sie im Range steigen, auch desto mehrern Körpern gemein sind, und daß die leztern, je niedriger sie stehen, desto mehr auch zur Unterscheidung der Arten dienen.

Wenn man nun die Körper ihrer Verwandschaft nach ordnen will, so öfnen sich zwei Wege. Man betrachtet sie entweder nach allen ihren Eigenschaften, und nach ihrer nächsten Verwandschaft, oder nur nach einigen derselben, und nach einer geringem Verwandschaft. Der leztere Weg führt zum handlichen, der erstere zum natürlichen Systeme. Jenes kan so verschieden seyn, so verschieden die Gesichtspunkte sind, aus welchen man die Körper betrachtet; das natürliche System aber ist ein einziges. In ihm scheint uns die Natur noch sehr dunkel zu seyn, wohl aber mehr aus der Ursache, weil wir sie in dieser Rüksicht noch zu wenig betrachtet haben, als weil sie sich hier vor unsern Augen verschleiert hätte.

So viel läßt sich aus der Erfahrung schliesen, und die vor mir liegenden Körper bekräftigen es, daß die Natur mit ihren Geschöpfen so viele Abwechselungen durchgehe, als die Verschiedenheit der Eigenschaften, und die Uebereindimmung derselben bei einem Subjecte nur immer erlaubt; und ich kan annehmen, daß jeder Körper mit einem gewissen andern in einer Verwandschaft stehe, die nicht näher seyn kan, als sie ist. Diese Verwandschaft aber zeigt sich bei einem Körper auf zwei Seiten; einmal von einem andern, und zweitens wieder gegen einen andern. B ist dem A am nächsten verwandt, wenn Eigenschaften von jenem unter den Eigenschaften des 1eztern, dem Range und der Vielheit nach, den höchsten Grad behaupten, der in der Vergleichung des A mit allen andern Körpern gefunden wird. Hingegen ist A einem dritten Körper C wieder am nächsten verwandt, wenn Eigenschaften von ihm unter den Eigenschaften des leztern im höchsten Grade stehen. Diesem zufolge kan bei der Anordnung der Körper B unter A, und der Körper C über A gestellet werden. Nun fragt sich aber, ob es unter allen übrigen Körpern auch einen geben mag, der dem A zur Seite gefezt werden kan? Nein. Kein Körper kan auf diese Stelle Anspruch machen, er sey denn entweder dem A eben so genau verwandt, als B demselben ist, oder A sey ihm so nahe verwandt, als es dem C ist. Im erstern Falle aber würde der Körper mit B, im zweiten mit C einerlei seyn. Dies zu beweisen, darf man sich nur an die Verwandschaft halten. Denn wenn B, und der vierte Körper D in gleichem Grade gegen A verwandt seyn sollen, so müssen sie in den Eigenschaften, die sie mit A gemein haben, Übereinkommen, und in den übrigen ebenfalls, weil diese auf jene doch eine gewisse Beziehung haben müssen, die nicht gleich stark seyn würde, wie es doch die gleiche Verwandschaft erfordert, wenn sie nicht unter einerlei Eigenschaften statt fände. Aus der vorausgesezten Erfahrung läst sich vielmehr schliesen, daß D seinen nachsten Verwandten an einem andern Körper finden werde, und wenn er sich doch einmal dem A sehr nahet, so wird es B, oder C seyn, so daß er entweder unter B hinunter, oder über C hinauf gestellet werden muß. Hieraus folgt, daß die Natur in ihrem Systeme die Körper neben einander reihe, und von einem zum andern fortgehe, ohne Seitenschritte zu thun.

Ich habe jezt einzelne Körper betrachtet, bei welchen ich annehmen kan, daß sie in den Eigenschaften vom hohem Range überein kommen. Allein wenn ich nun die ganze Menge von Geschöpfen durchgehe, so finde ich sie auch nach diesen Eigenschaften unterschieden. Und hier zeigen sich die Abtheilungen der Natur. Diese Abtheilungen sind desto größer, sie fassen desto mehrere Körper unter sich, je geringer die Zahl, und je höher der Rang der Eigenschaften ist, worauf sie sich gründen; ihr Wesen aber ist: von dem Wesen einzelner Körper in nichts unterschieden, als daß es weniger bestimt ist, als dieses, und darum müssen sie unter einander ebenfalls, wie die einzelnen Körper, ihre Verwandschaften haben, eine kleinere Abtheilung mit einer andern von gleicher Größe, eine grose mit einer andern gleich grosen. Hieraus folgt, daß die Natur auch von einer Abtheilung zur andern im geraden Wege fortgehe, und daraus, verbunden mit dem vorigen, endlich dieses, daß alle Körper der Natur in einer einzigen Reihe neben einander stehen.

Nun lassen sich die Gleichnisse beurtheilen, unter welchen man den Zusammenhang der natürlichen Körper vorzustellen pflegt. Man vergleicht ihn mit einer Kette, mit einem Netze, mit einem Baume. Nur die Kette ist das schikliche Bild; aber keine Kette, deren Glieder durchaus gleich gros, gleich eng verbunden sind, wie die Meynung der mehresten ist, die dieses Gleichnis gebrauchen; sondern eine Kette, deren kleinere Glieder von Strecke zu Strecke absetzen, und wieder durch größere Glieder verbunden werden, welche die Abtheilungen vorstellen, die sich in der Natur finden, und die bleiben werden, wenn auch noch so viele neue Körper zu Ausfüllung alter Lücken entdecket werden sollten.

Unter den künstlichen Systemen, deren, wie schon erwähnt, es viele geben kan, wird dasjenige das vorzüglichste seyn, welches sich dem Systeme der Natur am meisten nähert. Wäre diese Vollkommenheit die einzige Absicht derselben, so würden sie alle sehr streng gerichtet werden mussen; allein sie haben noch eine zweite, die dahin zielt, dem eingeschränkten menschlichen Geiste den Eingang, und die Fortschritte in der Wissenschaft zu erleichtern. Und in diesem Betracht ist den Vorfahren, welche den Weg in der Naturgeschichte bahnten, vieles nachzusehen, was von den Neuern besser verlangt werden kan. Die Regeln aber, welche zur Erreichung jener Vollkommenheit führen, lassen sich aus den vorgetragenen Sätzen leicht entwickeln. Die erste, und vornehmste Regel verlangt, daß die Arten und Abänderungen genau, wo nicht mit Gewisheit, doch mit der möglichsten Wahrscheinlichkeit, und nach guten Grundsätzen unterschieden werden. Und in diesem Punkte solten alle künstliche Systeme, so abweichend sie auch von einander seyn mögen, übereinstimmen. Sind die Arten aus einander gesondert, so komt es auf ihre Eintheilung und Zusammenstellung an. Durch jene entstehen die drei Reiche der Natur, in den Reichen die Gassen, in diesen die Unterclassen oder Ordnungen, in diesen die Geschlechter. Bei der Eintheilung giebt der Rang der Eigenschaften die Richtschnur ab. Es wäre fehlerhaft, die höhern Abtheilungen auf Eigenschaften vom niedern Range zu gründen, und z. B. die Thiere gleich nach ihrem äußern Körperbau einzutheilen, so daß die Schlangen mit dem kriechenden Gewürme in eine Classe zu stehen kämen. Bei der Zusammenstellung aber muß man die nächste Verwandschaft zum Augenmerke machen, und zu dem Ende die Körper nach allen Eigenschaften betrachten. Freilich ist dieses mit nicht geringen Schwierigkeiten verknüpft; es ist leichter, KÖrper nach Systemen zu ordnen, in welchen sie nur nach einzelnen Merkmalen betrachtet werden, als nach einem Systeme, welches sie ganz zu durchschauen verlangt. Aber daraus erwachsen auch die erwünschtesten Vortheile. Man lernt durch solche Untersuchungen die Körper naher kennen, und nicht nur nach den Eigenschaften, die sie wirklich an sich tragen, sondern, um diese gehörig zu würdigen, auch nach ihren Bestimmungen, und nach dem, was die Geschichte selbst angeht.

Was nun das gegenwärtige Verzeichnis anlangt, so bin ich bei der Anordnung auf doppelte Art eingeschränkt gewesen; einmal durch das zum Grunde gelegte System, zweitens dadurch, daß ich an den Conchylien keine vollständigen Körper vor mir hatte. Jenes Hindernis hob sich etwas, da ich an dem Martinischen Systeme ein solches fand, das leicht Verbesserungen annahm. Die zweite Schwierigkeit aber führte mich auf einen Weg, der fruchtbar genug war, den Mangel, der aus ihr entspringen konte, zu ersetzen. Ich fand, daß die Betrachtung der Schalengehäuse, wenn man nur einige Kentnis von ihren Bewohnern mitbringt, sowohl für das System, als für die Geschichte dieser Geschöpfe höchst vortheilhaft werden kan. Ich will blos beim Systeme stehen bleiben, da ich, was die Geschichte anlangt, von einem der wichtigsten Punkte, ich meyne das Wachsthum der Conchylien, schon weitläuftig geredet habe.

Der Unterschied der Arten läßt sich, wie schon erwähnt, aus der Beschaffenheit der Schale allein bestimmen. Ereignen sich hierbei, wie mir selbst wiederfahren ist, Zweifel, so liegt es nicht sowohl an der Sache, als an der Aufmerksamkeit, die bisher noch nicht genug auf sie gerichtet worden ist. In der Eintheilung, und Anordnung der Arten wird eine Vollkommenheit, die sich hier erreichen läst, mit Ausschliesung des Thieres in Ansehung des ganzen Systems nie erreichet werden, aber doch in einzelnen Theilen derselben, und das nachstehende Verzeichnis kan Beispiele aufweisen, daß Schalengehäuse in eine Ordnung gestellet werden können, die mit Zuziehung der Bewohner wenig, oder nicht verbessert werden wird. Da aber, wo jene allein nicht mehr zureichend sind, werden sie selbst die ersten Zeichen davon geben, und statt auf Irrthümer zu verleiten, uns vielmehr aufmerksam machen auf das, was uns in diesem Felde der Natur noch übrig, und vorzüglich zu wissen nöthig ist.

Ich will nun zum Schlusse über die Ordnung der Conchylien im gegenwärtigen Verzeichnisse etwas beibringen, daraus sich zugleich das bisher gesagte mehr erläutern wird.

Die Classen und Ordnungen, in welche hier die Conchylien abgetheilet sind, halte ich für ganz schiklich, und der Natur angemessen; nur die Abtheilungen der eingerollten, und gewundenen Schnecken sind nicht die sichersten. Diese sind, wie ich schon oben gezeigt habe, zu genau mit einander verbunden, der Uebergang von einer zur andern ist unmerklich, und es findet sich, daß durch die Schalen, die in andern Haupteigenschaften Übereinkommen, von einander entfernt werden, wie ich hiervon ein Beispiel im 23. Geschlechte bei no. 37. anführe. Darum würde ich wohl diese Merkmale, eingerollt, oder gewunden zu seyn, insofern sie bestimt genug sind, gewissen Geschlechtern zum Character beilegen, z. B. das leztere den Schraubenschnecken, das erstere den Blasenschnecken, und Porcellanen; aber ich würde nach ihnen keine höhern Abtheilungen errichten. Die meisten Geschlechter, besonders aber diejenigen, welche ich verbessert habe, scheinen ebenfalls sehr gut aus einander gesezt zu seyn, so daß sie mit Zuziehung der Thiere vielleicht nicht sehr verändert werden können. Allein die Verbindung aller dieser Abtheilungen ist noch an vielen Stellen mangelhaft. So stehen die Schifsboote und Ammonshörner mit den Blasenschnecken zuverlässig in keiner natürlichen Folge. In den Geschlechtern selbst machen bisweilen die Land- und Flußconchylien einige Unordnung, ob ich sie gleich immer mit solchen Seeconchylien verbinde, mit welchen sie nicht wenig Verwandschaft haben. Die Verbesserungen, welche ich anbringe, erstrecken sich auch vornemlich nur auf die Schnecken; bei den Muscheln, wo in dem fortgesezten Martinischen Werke das Linnéische System befolgt ist, finde ich sie weniger möglich. Linné unterscheidet die Geschlechter der Muscheln zu sehr nach dem Schlosse, nach einem Theile, der zwar von Wichtigkeit ist, doch aber mehr bei der Schale, als in Ansehung des Thieres, auf welches sich mehr die Beschaffenheit der Oberfläche, die Gestalt, und der mehr oder weniger regelmäsige Bau der Schalen zu beziehen scheint. Diesem zufolge würde ich die gleichschaligen Chamen von den ungleichschaligen trennen, und zu den leztern die Klapmuscheln und Austern näher bringen. Allen diesen Mängeln aber ist nur dann erst am besten abzuhelfen, wann durch künftige Entdeckungen unbekanter Conchylien, insbesondere aber durch eine grössere Aufmerksamkeit auf die Untersuchung der Bewohner uns diejenigen Verbindungen dieser Geschöpfe aufgekläret werden, die uns jezt noch dunkel sind.

Ich bin indessen im Stande, das gegenwärtige Verzeichnis auch von einer vollkommenem Seite darzustellen. Nicht nur die Arten jedes Geschlechts sind gröstentheils genau unterschieden, und in eine ihrer Verwandschaft gemäse Verbindung gebracht, sondern auch zwischen den Geschlechtern selbst findet sich hin und wieder eine sehr gute Verbindung. Man hebe nur die Geschlechter der Sturmhauben, und walzenartigen Schnecken aus der Stelle, welche ich ihnen dem Martinischen Systeme zufolge lassen muste, und betrachte nun die Geschlechter der Blasenschnecken, Porcellanen, u. s. w. bis an die Flügelschnecken; welche genaue Verbindung! Solten diese Schalen wohl besser vertheilt, ihre Abtheilungen besser geordnet werden können, wenn wir auf ihre Bewohner hinsehen wolten? Ich zweifele. Daß aber jene Geschlechter, welche beide in diesem Verzeichnisse unmittelbar auf die Porcellanen folgen, hier nicht die schiklichste Stelle finden, das zeigt schon die Beschaffenheit der Schale, wenn man bemerkt, daß ihre Oberfläche uneben, und mit einem Periosteum bekleidet, bei den Porcellanen, und den auf jene zunächst folgenden Geschlechtern aber glatt, und ohne Periosteum ist, ein Unterschied, von dem sich erwarten läßt, daß er keinen geringen Einfluß auf das Thier habe, wie hell dieses auch bestätiget findet. Zwar haben die Sturmhauben in ihrem Baue, und ihrer Bildung nicht wenig mit den Porcellanen gemein, und Martini fand auch Schalen, mittelst welcher er sie auf der andern Seite mit den Datteln verbinden konte, aber man darf sich nur unter den Conchylien umsehen, so wird man bald ihre nächsten Verwandten unter den Helmschneeken finden.

Die Anordnung der Arten, insbefondere in den reichhaltigen Geschlechtern der Duten, und anderer Conchylien, hat mir bestätiget, was ich oben aus einer algemeinen Betrachtung der natürlichen Körper als Folge zog, daß die Natur die Glieder ihres Systems in einer einzigen Reihe neben einander stelle; denn ich bin darüber, ob ich mit einer Schale lieber diese, oder jene verbinden solte, — ein Umstand, der mich von der Reihe hatte ablenken können — niemalen in Zweifel geblieben.

Ich schliese hier, und überlasse es dem Leser, das übrige, was ich noch zu sagen hatte, in den obigen Grundsätzen, verbunden mit der Anwendung, die ich im Verzeichnisse von ihnen gemacht habe, selbst zu suchen. Und jezt überschaue ich das, worauf mich eine Samlung von Conchylien geführet hat: das so überaus merkwürdige Wachsthum dieser Körper, Aufschlüsse im Systeme, Entdeckung der Mängel, die noch vorhanden sind, Regeln, wonach wir sie verbessern können, Mittel, deren wir uns bedienen können, selbst auch unvollständige Körper der Natur mit Nutzen zu betrachten, und die vollständigen zum Theii weniger unentbehrlich zu machen — Unmöglich kan es an diesen schönen Sachen selbst liegen, und nicht vielmehr an der Art, wie sie behandelt werden, wenn über sie das Urtheil ergeht: sie sind schön, und weiter nichts. Wenn aber bei den andern Vollkommenheiten die Schönheit den Werth einer Sache bis auf den höchsten Grad erhebt, so stehen unter den Gegenständen, die unsers Geistes würdig sind, die Conchylien so hoch, so tief die weise Natur die grösten Schönheiten derselben vor unsern Augen verbirgt.
— pp. XVII-LXXII. Die Fußnoten sind hier fortgelassen. Die Rechtschreibung wurde fast immer beibehalten, ſ→s, ſs→ß.


 

Vita

Kämmerer: Christoph Ludwig K., geb. den 13. Novbr. 1755 in Rudolstadt, starb ebendaselbst den 29. Octbr. 1797. Nachdem er den Grund zu seinen Kenntnissen auf dem Rudolstädter Gymnasium gelegt, in Jena studirt und hier sich speciell mit Physik und Naturgeschichte beschäftigt hatte, erhielt er nach seiner Rückkehr die Aufsicht über das Naturaliencabinet des damaligen Erbprinzen, späteren Fürsten Friedrich Karl, welches in der Ludwigsburg in Rudolstadt aufbewahrt wird. Durch K. erhielt dieses Cabinet seine systematische Einrichtung. Die ausgezeichnete Conchyliensammlung desselben beschrieb er in dem Werke: „Die Conchyliensammlung in dem Cabinete des Herrn Erbprinzen von Schwarzburg-Rudolstadt. Mit 12 ausgemalten Kupfern“, Rudolstadt 1786, 8°; Nachtrag dazu 1791, mit 4 Kupfern. Diese schriftstellerische Arbeit, mit schätzbaren, aus langer und mühsamer Beobachtung hervorgegangenen Bemerkungen versehen, fand bei den Naturforschern des In- und Auslandes so viel Beifall, daß sie in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Seine auf Reisen in verschiedenen Gegenden Deutschlands und Dänemarks gewonnenen Kenntnisse legte er in vielen Schriften nieder, welche die lehrreichsten und für damalige Zeit bedeutende und neue Untersuchungen enthielten. Er starb als Secretär der fürstl. Kammer in Rudolstadt. Ueber seine Schriften vgl. Meusel sowie Rotermund’s Fortsetzung zu Jöcher. Außerdem gab er noch heraus: „Vermischte Schriften über Gegenstände der Natur, der Sitten und des Geschmacks“, 1797. Ohne seinen Namen erschien die Abhandlung: „Ueber die Bildung der Erde“, 1790.
— Bernhard Anemüller in: Allgemeine Deutsche Biographie, XV, pp. 56–57.

 


Zum Vergleich:

Friedrich Heinrich Wilhelm Martini: Neues systematisches Conchylien-Cabinet.
Nürnberg: Raspe, 1769-1829. XII Bände, Register.
Die drei ersten Bände wurden von Martini verfaßt, einem Berliner Arzt, Gründer der „Gesellschaft naturforschender Freunde“. Die erste großformatige Ikonographie von Muscheln, die jede damals bekannte Muschel in Farbe darstellen sollte. Nach seinem Tod im Jahre 1778 wurde das Projekt von Johann Hieronymus Chemnitz weitergeführt, der verantwortlich war für die Bände Bänden IV-XI. Band XII von G. H. Schubert und J. A. Wagner erschien im Jahre 1829. J. S. Schröters Namen-Register zu den ersten zehn Bänden, 1788 vom Rasp-Verlag herausgegeben, ist meist bei Band X mit eingebunden.
Brunet III,1502; Nissen ZBI 2722.

Martini: Neues systematisches Conchylien-Cabinet