Chiromantie
Johannes ab Indagine, i. e. Johann von Hagen:
Chiromantia. | 1 Phyſiognomia, ex aſpectu membrorum Hominis. | 2 Periaxiomata de Faciebus SIGNORVM. | 3 Canones Astrologici, de iudiciis AEgritudinum. | 4 ASTROLOGIA NATVRALIS. | 5 Complexionum notitia, iuxta dominum Planetarū.
[Paris]: „Apud Petrum Regnault“, 1543.
Octavo. 170 × 110 mm. 111, [1] Bll. - Lagenkollation: a-o8. Mit dem Holzschnittportrait des Verfassers in ovalem Rahmen nach jenem von Hans Baldung Grien der Erstausgabe Straßburg, 1522; sowie 35 (von 37) Textholzschnitte mit chiromantischen Figuren, sechs mit Planetengottheiten, elf Holzschnitte mit jeweils zwei Gesichtern (davon einer wiederholt), sowie 27 astrologische Diagramme und eine Tabelle.
Handgebundener Halblederband mit breitem Rücken aus dunkelbraunem Maroquin, vier erhabene Doppelbünde, goldgeprägtes Rückenschildchen, Pappdeckel, diese mit hellbraunem Kleisterpapier bezogen. Handgestochene dunkelblaue Kapitale.
„The ‚Introductiones apotelesmaticae’ of John ab Indagine or von Hagen, a priest at Steinheim near Frankfurt, combine astrology with physiognomy and chiromancy in one volume. ... The chiromantic part ... is related to the planets as well as the lines of the hand. ... The chiromancy is followed by a tract on determination of the planets of the horoscope and the ascendent sign from the four temperaments: choleric, phlegmatic, melancholy and sanguine“ (Thorndike V, pp. 65-66). „Indagine perhaps initiated a distinction which was to be increasingly employed later in the century when he stated his preference for what he called natural astrology to the artificial variety than which it is more faithful and less superstitious. ... A chief distinction for John between natural and artificial astrology is that, where the latter in drawing up horoscopes determines in detail the positions of all the planets, natural astrology observes merely the movements of sun and moon“ (Thorndike V, pp. 175-176).
Adams I90 – BM STC 235 – Holzmann/B. 140 – cf. Mortimer 324 (Ausg. 1546) & Rosenthal 975 (Ausg. 1547) – Bibliographien. Nicht bei Caillet, Dorbon-Ainé, Graesse: Magica.
ndagine: Johannes ab (de) I. (von Hagen), Theolog und Astrolog im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts. Wann und wo er geboren, läßt sich nicht ermitteln und ebenso sind die Nachrichten, welche uns über sein äußeres Leben überliefert sind, mangelhaft und ist sein Vorleben bis zum J. 1522 völlig unbekannt. Seiner Abstammung nach gehört er vermuthlich dem zahlreichen freiherrlichen und gräflichen Geschlechte „von Hagen“ an, das in Niedersachsen, am Rhein, in Thüringen, Pommern und Mecklenburg und fast in allen Gegenden Deutschlands sich ausgebreitet hatte und (Iselin, Lexikon, II. 642–43) seinen ursprünglichen Namen „Hagen“ (von einem Haag oder Hagen, Hain, Busch) in „ab“ oder „de I.“ latinisirte (Albinus, Meißn. Chron., S. 339; Leipz. gel. Zeitg. 1758, S. 771–73). Nachdem er 18 Jahre an verschiedenen Höfen sich aufgehalten, wurde er Decan am St. Leonhards-Stifte zu Frankfurt a/M. und zugleich Pfarrer zu Steinheim a/M. bei Hanau, in der mainzischen Diöcese, in welch’ letzterem Orte er auch meistens wohnte und dieser Pfarre 49 Jahre vorstand. Obgleich katholischer Geistlicher, war er doch nicht Ordensmann, wol aber ein für seine Zeit sehr geschickter und gelehrter Mann und wurde aus diesem Grunde auch als Gesandter an den Papst nach Rom geschickt, um dem damaligen Kurfürsten und Erzbischof Albrecht das Pallium einzulösen. Aber wie für Luther zu gleicher Zeit die Reise nach Rom die erste Veranlassung geworden war zum Abfalle vom Papst, so auch für I. Denn in der seiner Schrift „Introductiones“ vorgesetzten, vom 9. Mai 1522 aus Steinheim datirten Dedication an den damaligen erzbischöflichen Vicar in spiritualibus und Domschulmeister zu Mainz, Doctor Dieterich Zobel, hebt er die Fehler der Kirche nachdrücklich hervor, deren Beseitigung er gerne sähe, und in einem lesenswürdigen Briefe, den er diesem Werke anhängt und der an Otto Brunfels „ex parochia nostra Stainheim. Kal. Julii 1522“ gerichtet ist, gibt er sich ausdrücklich als einen Bekenner der evangelischen Wahrheit kund und bezeugt in warmen Worten seine Liebe zu dem eben aufgegangenen Lichte des Evangeliums. Brunfels selbst lebte fast zwei Jahre bei I. in Steinheim, jedoch hier nicht selbst als Pfarrer (Bd. III. 441), wurde durch ihn vermuthlich ebenfalls dem Studium der Astronomie und Astrologie zugeführt und beide hielten bis zum Tode des letzteren (1534) Freundschaft und Briefwechsel und noch am 1. Juli 1522 schrieb I. an Brunfels einen Trostbrief der Verfolgungen wegen, die dieser zu erleiden hatte. Es kann deshalb auch nicht Wunder nehmen, daß I. dieser Ansichten und Aeußerungen wegen der Haß Roms zu Theil ward und daß Papst Paul IV. dieses sein Buch verdammte und auf den Index setzte. Sein Sterbejahr findet sich nirgends angemerkt. I. war trotz aller Gelehrsamkeit und Frömmigkeit der Astrologie und ähnlichen Wissenschaften sehr ergeben und erlangte hierin bei seinen Zeitgenossen einen solchen Ruf, daß er von diesen [68] als einer der größten Kenner und Eingeweihten betrachtet wurde. Die Schrift, welche er über diese Gegenstände verfaßte, erschien unter dem Titel: „Introductiones Apostelesmaticae … in Chiromantiam, Physiognomiam …“ auf seine Kosten gedruckt, jedoch im Verlage von Joh. Schott zu Straßburg 1522 mit Holzschnitten und seinem Bildnisse, nach Gleichmann aber (Spicileg. I. Scriptor. ad Reform. hist. p. 36) zu Frankfurt bei David Zephelius, seine eigene deutsche Uebersetzung als „Die Kunst der Chiromantzey, vß besehung der hend …“, 1523. Das lateinische Original wurde auch wiederholt gedruckt, zuerst 1551 und nochmals Ursellis 1603 und dasselbe auch von anderer Hand, durch J. F. Hallmayer (Straßburg 1630, 1664) ins Deutsche übertragen. Des Verfassers Leben fiel in eine Zeit, wo in Deutschland, Frankreich und Italien Astrologie und Chiromantie in voller Blüthe standen, lebte doch zu derselben Zeit auch der französische Astrolog Nostradamus (geb. 1503, † 1566), dessen Prophezeiungen in der ganzen Welt das riesigste Aufsehen machten, und obgleich bereits Seb. Brant in seinem Narrenschiff 1494 den Astrologen ihre Stelle angewiesen hatte, so verfaßte gleichwol ein gleichzeitiger Straßburgischer Arzt Lorenz Fries (Eloy, Dict. hist. de la médecine) eine Vertheidigung der Sterndeuterei als Erwiderung gegen Luther’s freimüthige Aeußerungen über diese Afterkunst in dessen Erklärung der zehn Gebote; die Schrift erschien bei dem jeder Confessionspartei dienenden Drucker Joh. Grüninger (Bd. X. S. 53–54) „uff mitwoch vor St. Andreastag 1520“ (Panzer, Ann. I, 446) als „Ein Kurtze schirm der Kunst Astrologia …“ Und so darf es uns denn auch nicht wundern, daß, was speciell die Chiromantie anbelangt, um von anderen Lehrern dieser Kunst zu schweigen, kurz vor Indagine’s Auftreten ein fahrender Doctor, Johann Has, den 13. Juli 1516 an der Kirchthüre zu Freiburg (Schreiber, Geschichte der Universität Freiburg, I. 252) anschlagen ließ, er sei bereit, in seinem Gasthofe diese Kunst auszuüben und zu lehren. Dagegen wurde jedoch sogleich seitens der medicinischen Fakultät mit einem Verbote eingeschritten und der Chiromant fand sich vergeblich in der Senatssitzung vom 18. Juli persönlich ein, die Universität beharrte auf ihrem Beschlusse. Ueber die bereits 1448 abgefaßte, dann zuerst zu Augsburg durch eine unbekannte Officin als einer der ältesten Holztafeldrucke bekannte „Cyromantia“ des Doctor Hartlieb (Bd. X. S. 671), vgl. Guichard im Bulletin de Bibliophile belge, 1840, 187, Dibdin, Decam. I. 143–47, Metzger, Aelteste Druckdenkmäler in Augsburgs, S. 21–22, Ebert, 9309 und über das lateinische Original Gräffe’s Litteraturgeschichte, II. 1, 622. Ein anderes zu Augsburg durch Erhard Ratdolt gedrucktes Buch „Flores Astrologiae“ erschien 1488 und in Italien druckte und zwar zu Padua 1481 mit den Typen (instrumentis) des nach Augsburg zurückgekehrten Ratdolt, Matth. Cerdonis des Mich. Scotus „Chiromantia Scientia naturalis“ und in Bologna erschien 1494 „Anton. Tiburti de Chyromantia lib. III.“
— Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, Leipzig: Duncker & Humblot, 1881. Band XIV, pp. 67–68.
he Introductiones apotelesmaticae of John ab Indagine or von Hagen, a priest at Steinheim near Frankfurt, combine astrology with physiognomy and chiromancy in one volume. Perhaps we should regard it as a congeries of tractates rather than a single work, since a new pagination begins for the sections on physiognomy and chiromancy, while the more strictly astrological portion falls into divisions with distinct titles and two prefaces. We shall treat of this astrological section in a later chapter. A dedicatory preface of June i, 1522, to Albrecht, archbishop of Mainz, contains an attack upon scholastic theology. The chiromantic part of Indagine’s work, dated at its close November 1, 1522, “from our church of Steynheim,” is related to the planets as well as the lines of the hand. It is preceded by a brief resume of physiognomy, which John admits is merely a compendium. This is addressed to Theodoricus Zobel, vicar or chaplain and scolasticus to the archbishop of Mainz and canon in the metropolitan church. The chiromancy is followed by a tract on determination of the planets of the horoscope and the ascendent sign from the four temperaments: choleric, phlegmatic, melancholy and sanguine. The volume then closes with a pessimistic letter addressed to a fellow priest, Otto Brunfels, author of the well-known herbal, Vivac icones. In it Indagine laments that he had not been made dean and that people call him a Lutheran. Amid such disappointments and dangers there is no greater tranquillity anywhere than in letters. Thus John ends with a humanistic commonplace as he had opened with an antischolastic banality.
The work of Indagine, though it does not seem of a high order, proved quite popular with the reading public. The three Latin printings of 1522 were followed by one in German the next year, and there were later Latin editions in 1531, 1534, 1541, 1543, 1547, 1556, 1582, 1603, 1622, 1630, 1663, 1664, and 1672. These appeared especially at Strasburg, but also at Paris, Lyons, Ursel and Treves. There were furthermore English and French translations, and these, like the German version, were frequently reprinted. Presumably the combination of astrology, physiognomy and chiromancy with humanistic bias and some approach to Protestant partisanship accounted for its long and widespread currency north of the Alps. With it is sometimes found bound the opuscule on physiognomy of Gratarolo, the physician who for religious reasons fled from Bergamo to Basel, a work first printed in 1554.
— Lynn Thorndike: A history of magic and experimental science. V, pp. 65-66.
The oft printed Introductiones apotelesmaticae of John ab Indagine, of whose chiromantic and physiognomic sections we have already treated in another chapter, opens with a dedicatory preface, dated June i, 1522, to Albert, archbishop of Mainz. In this introduction John inveighs equally against “those dogs who calumniate astrology” upon the one hand, and against “that most inept theology which they call scholastic, that is, the Thomist or Scotist,” on the other hand. He wishes that the dogs would either stop their barking or at least behave with more moderation. But his attack on scholastic theology, though common and popular at the time, ignores the fact that both Aquinas and Scotus had accepted astrology in large measure. Some would-be innovators in education and social science in our own day have been guilty of cognate inconsistencies and have spoken under like misapprehensions. John ab Indagine seems further in error in affirming that the art of astrology was condemned by the Roman pontiffs, since papal bulls against it came only later under Sixtus V and Gregory XIII, while the popes of the early sixteenth century — Julius II, Leo X, Adrian VI and Paul III — were all patrons of astrologers. At any rate John served as ambassador to the pope for archbishop Albert and his own work was subsequently put on the Index by Paul IV. While John seems unfair to the popes and schoolmen, his prejudice against medieval thought does not extend to the Arabic astrologers whom he cites liberally.
Indagine perhaps initiated a distinction which was to be increasingly employed later in the century when he stated his preference for what he called natural astrology to the artificial variety than which it is more faithful and less superstitious. Yet he lists among its inventors the same men who “were the authors of magic,” of which also he therefore would seem not to have disapproved, though here again he perhaps has in mind the natural variety. As for natural astrology, it is naught else than the perfect consummation of natural philosophy. John cannot see the reason for investigating the movements of the heavens, if the stars effect nothing by their motion. A chief distinction for John between natural and artificial astrology is that, where the latter in drawing up horoscopes determines in detail the positions of all the planets, natural astrology observes merely the movements of sun and moon. These two luminaries, however, never themselves have the lordship of a person’s nativity but, if it falls in the house of either, pass it on to the planet ruling the next house. It would seem that John’s efforts to emend and simplify astrology have made it more arbitrary and artificial rather than more natural. He makes the usual qualification that the stars merely incline man to action, and that we can resist them, if we follow reason. But he cannot see why the influence of the stars, which is admitted for the rest of the world of nature, should be denied in the case of the human body. Consequently he gives canons for relieving the sick according to the aspects of the signs and asserts that what many physicians have failed to accomplish with the most potent drugs an astrologer has effected by use of a simple herb through intelligent observation of the access and recess of the signs.
The varying attitude of the humanists and Oxford reformers towards astrology and the occult may be briefly indicated. Sir Thomas More mildly satirized astrologers in some of his epigrams, his favorite jibe being that the star-gazer could not foresee or detect his own wife’s infidelity. Thomas Linacre, Greek scholar and president of the College of Physicians, wrote on June 10, 1518, to Guillaume Bude, the leading French humanist, that he was sending him some rings consecrated by the king as charms against spasms. Bude replied a month later that he had distributed them to married women of his acquaintance, telling them that they were amulets against slander, which would seem to be taking their virtue (the rings’ I mean) rather lightly. Erasmus often ridiculed superstition in his writings but did not always maintain a like attitude in practice. He wrote Mosellanus in 1519 that the bitter dissension at the university of Louvain between the adherents of the old and new learning must be either due to a conspiracy or to fate. “I have consulted a number of astrologers,” he continued, “men illustrious in their profession. They refer the cause of the evil to last year’s eclipse. This occurred, unless I am mistaken, in Aries. Aries moreover pertains to the head. Furthermore Mercury is vitiated by the influence of Saturn. Hence this evil most potently afflicts those who are under Mercury, among whom they number the inhabitants of Louvain.” Erasmus thus seems to have consulted the astrologers in all seriousness, although he also thought that he detected a conspiracy.
A municipality like Basel had its own astrologers around the year 1520, and a well educated burgher of Basel and Strasburg, Rudolf von Huseneck, who helped Petermann Etterlin polish up the style of the first Swiss chronicle to be printed — in 1507 — had books of astrology and magic in his library.
— Lynn Thorndike: A history of magic and experimental science. V, pp. 174-177.
Jean Belot: Les Œuvres de M. Jean Belot curé de Mil-Monts, professeur aux sciences divines & celestes. Contenant la Chiromence, Physionomie, l’Art de Mémoire de Raymond Lulle ; Traicté des Divinations, Augures & Songes ; les sciences Steganographiques, Paulines, Armadelles & Lullistes ; l’Art de doctement Prescher & Haranguer, &c. Derniere Édition, reveuë, corrigée & augmentée de divers Traictez. Lyon: Claude La Rivière, 1649. fol. 98.
hiromantie (v. gr.), 1) Weissagung des Charakters, des Lebensganges u. der Schicksale aus der Hand, u. zwar aus den, bei verschiedenen Menschen verschiedenen Hautfalten od. Hautvertiefungen der hohlen Hand. Ein solcher Weissager heißt Chiromant. Der Aberglaube unterscheidet zuvörderst I. die in der Handhöhlung wahrnehmbaren Linien od. länglichen Hautvertiefungen, u. diese theilt man wieder in A) die 5 Hauptlinien: a) die Lebenslinie (Linea vitalis), sie fängt am äußersten fleischigen Theile der Hand, zwischen dem Daumen u. Zeigefinger, an u. läuft krumm um das Dickfleisch unter dem Daumen herum abwärts gegen die Querlinien, Rascela u. Discriminallinien; sie soll, wenn sie undurchschnitten, rein ausgeprägt ist, bis in jene Querlinien hinein od. noch besser über dieselbe hinaus reicht, u. das Dreieck im oberen Winkel geschlossen ist, auf innere Lebenskraft, Gesundheit u. Sittlichkeit u. deshalb auf langes Leben hindeuten; fehlt sie, od. ist sie unscheinbar, so soll daraus ein schlechtes Herz, schwacher Geist, Unbeständigkeit u. früher Tod erkennbar sein; b) die Natur- od. Hauptlinie (Linea naturalis s. cephalica), sie fängt an unter dem Zeigefinger, od. vom Zwischenraume des Zeige- u. Mittelfingers, zuweilen auch erst unter dem Zeigefinger, vereinigt sich gewöhnlich unmittelbar od. durch einen Ast in einem spitzigen Winkel unter jenen beiden Fingern mit der Lebenslinie, od. geht ohne jene Vereinigung fort u. verliert sich in den Mondberg; bei vollkommen gehöriger Länge u. bei guter Vereinigung der Leber- u. Magenlinien mit ihr u. mit der Lebenslinie soll sie einen guten Zustand des Magens, der Leber u. der Lebensgeister anzeigen; Kürze derselben soll dagegen auf einen unbeständigen Charakter schließen lassen; c) die Tisch-, Gedärm- od. gemeine Linie (Lin. mensalis s. inquinalis s. communis), welche, unter dem kleinen Finger an der Seite od. auch auf dem Rücken der Hand anfangend, unter den 3 letzten Fingern quer über die Hand vorläuft u. etwas aufwärts gebogen, unter dem Zwischenraum des Zeige- u. Mittelfingers od. unter ersterem endet; sie zeigt, stark ausgehängt u. rein, eine gute Zeugungskraft, aber wenn sie bis ins 1. Gelenk des Zeigefingers geht, ein mühseliges Leben an; d) die Leber- od. Magenlinie (Lin. hepatica s. stomachica, von unbestimmtem Anfang, läuft entweder von der Lebenslinie, od. vom Venusberg, od. von der Rascela aus u. endigt in der Naturlinie; sie soll mit dem Zustande der Verdauung in Zusammenhang stehn u. wohl beschaffen sein, wenn sie das Dreieck gehörig schließt u. undurchschnitten ist; c) die Rasceta, die erste Querlinie unter der Hohlhand auf dem Handgelenke; deutet, ununterbrochen, auf glücklichen Fortgang in Unternehmungen; B) die 7 Nebenlinien: f) die Martislinie od. Schwester der Lebenslinie (Lin. Martis s. Soror vitalis), läuft parallel mit der Lebenslinie zwischen dieser u. dem Ballen auf dem Daumen; sie soll lang, deutlich u. unzerrissen, bes. bei reinem u. wohlgeschlossenem Dreieck, andeuten, daß ein Mensch Reichthum u. Glück, bes. als Soldat, erlangen werde; g) die Sonnen- od. Ehrenlinie (Lin. Solis s. honoris), von der Grenzlinie des 4. Fingers aus bis zur Tischlinie reichend, od. auch dieselbe durchschneidend, bis zur Naturlinie, od. auch durch beide bis zur Lebenslinie, od. auch bis zur Marshöhle fortgehend; sie deutet auf Verstand u., wenn sie lang ist, auf Ehrenstellen; h) der Venusgürtel (Cingulum Veneris), fängt zwischen dem Zeige- u. Mittelfinger an, geht zwischen der Tischlinie u. dem Mittel- u. 4. Finger in einem Halbkreis bis zu dem Zwischenraum des letztern u. des kleinen Fingers, kommt bisweilen doppelt u. mehrfach, aber auch stückweis u. sehr kurz vor. Aus ihrer Beschaffenheit wird auf relative Neigung u. Fähigkeit zu Geschlechtsvereinigung geschlossen u. sie deutet, rein u. durchschnitten, auf Glück in der Liebe; i) die Saturn- od. Glückslinie (Lin. saturnina), geht nach dem Mittelfinger zu entweder unter dem Daumballen in der Rascela, jenen u. die Lebenslinie durchschneidend; od. läuft außerhalb des Daumenballens in der Rascela, od. nur in der Nähe der Rascela od. in dem Mondberge aus; sie endigt entweder schon in der Natur- od. in der Tischlinie od. unterhalb des Mittelfingers. Wenn sie unzerrissen u. nicht geschlängelt, in der Marshöhle stehen bleibend u. sich vor der Naturlinie endigt, soll sie Glück u. Reichthum anzeigen; wenn sie aber diese Grenze überschreitet u. doppelt od. dreifach da ist, Mühseligkeit u. Gefahren; k) die Heiraths- od. Ehestandslinien (Lineae matrimoniales). kleine Linien, die unter dem kleinen Finger mit der Tischlinie parallel laufen u. auf Glück im Heirathen deuten sollen; l) die Milchstraße (Via lactea), eine Schwester- od. Seitenlinie der Lebenslinie, fängt unter derselben, am Mondberge u. bei der Rascela an u. geht gegen den Mondberg zu od. fängt im Venusberg an u. geht bei der Rascela in u. durch den Mondberg hin; sie soll, wenn sie lang u. ununterbrochen ist, Geschick zu Studien u. Künsten, auch Glück in der Fremde u. der Liebe andeuten; m) die Discriminal- od. Entscheidungslinien (Lineae discriminales), bilden die Grenze der Hand gegen den Arm; die erste ist die Rascela, sie werden in der Rechten von der linken gegen die rechte Seite, in der Linken von der rechten gegen die linke Seite gemessen. II. Die Räume sind Stellen in der Hohlhand, zwischen den angeführten Linien: A) der Tisch (Mensa), zwischen der Natur- u. Tischlinie, deutet auf Reichthum u. Freigebigkeit; B) die Martishöhle od. das Dreieck (Cavea Martis), ein dreieckiger Raum zwischen der Lebens-, Natur- u. Leberlinie; die beiden ersten Linien bilden die Schenkelseiten desselben die Leberlinie aber ist [⇐47][48⇒] die Basis; ein doppeltes Dreieck wird dieser Raum, wenn die Natur- od. die Tischlinie zum Mittelfinger steigt; die Martishöhle deutet, wohlgeschlossen, auf Glück im Vaterlande u. läßt auf natürlichen Verstand, Bescheidenheit u. stilles Wesen schließen; C) die 5 Berge der Finger (Montes), die fleischigen Theile unter den ersten scheinbaren Gelenken der Finger: a) der Venusberg (Mons Veneris), unter dem Daumen, nach innen von der Lebenslinie, unten von der Rascela begrenzt; b) der Jupiter- od. Jovisberg (Mons Jovis), unter dem Zeigefinger abwärts, bis an die Lebens- u. Naturlinie; c) der Saturnberg (Mons Saturni), unter dem Mittelfinger; d) der Sonnenberg (M. Solis), unter dem Ringfinger; e) der Mercurberg (M. Mercurii), unter dem kleinen Finger, die 3 letzten bis zur Tischlinie herab. Nach diesen Namen sind auch die bezüglichen Finger benannt. D) Der Mondberg (M. Lunae), der dem Venusberge entgegengesetzte, erhabene, fleischige Theil der innern Hand unter dem kleinen Finger, zwischen der Rascela u. der Tischlinie. Alle diese Berge zeigen die bezügliche planetarische Natur an, also der Venusberg die venerische, der Jupiterberg die joviale, der Saturnberg die saturninische, der Sonnenberg die solarische, der Mercurberg die mercurialische, der Mondberg die lunarische Natur u. sind nach dem Vorherrschen dieser planetarischen Eigenschaften zu deuten. Eine besondere Kunst der Ch. ist die Ausmessung der Linien u. Räume, wobei bes. auf deren Anfang u. Ende zu merken ist, sie geschieht mit dem Zirkel nach verschiedenen Rücksichten für die verschiedenen Räume u. Linien. Diese Dimensionen bedeuten die Zeit des Lebens, die Dauer eines Zustandes od. Ereignisses od. des Eintretens desselben. Bei der Lebens- od. Sonnenlinie ist möglichst große Länge gut, nicht so bei den andern, z.B. der Saturn- u. der Tischlinie. Tiefe u. breite Linien zeigen standhaften u. ernsten Charakter u. deuten auf Gewißheit einer verkündigten Sache; seichte u. flache Linien zeigen wankelmüthigen u. unbeständigen Charakter; breite Linien zeigen Freigebigkeit, Verschwendung, Unbestand, schmale u. tiefe Linien Geiz u. Engherzigkeit an; durchschnittene Linien deuten auf Gefahr, die um so größer ist, wenn die durchschneidende breiter ist, als die durchschnittene. Zur allgemeinen Bestimmung des Glücks od. Unglücks einer Person untersucht der Chiromant zuförderst die Hand im Allgemeinen, u. es gilt als eine glückliche Hand diejenige, in welcher alle Linien u. bes. die Hauptlinien vorhanden u. zwar auch am rechten Orte, u. die Berge genau unter ihren bezüglichen Fingern, wo die Hauptlinien unzerrissen u. unzerschnitten, u. das Dreieck nicht durch verworrene Linien gestört ist, bes. muß der Venusgürtel vorhanden sein, alle Hauptlinien u. die Glückslinie gehörig u. der Tisch in beiden Händen gleich groß sein. Die Tischlinie darf nicht in das erste Gelenk des Zeigefingers gehen; das Gegentheil zeigt eine unglückliche Hand an. Die Chiromanten beachten auch die Nägel an den Fingern, welche die Name der unter C) a)–e) angeführten Berge haben; sie theilen dieselben in 3 gleiche Theile u. rechnen auf jede einen Monat; von jenen Theilen zeigt der unterste die Zukunft, der mittle die Gegenwart u. der oberste die vergangene Zeit von 4 Wochen an. Weiße Punkte in den Nägeln bedeuten Glück u. Gesundheit; bleiche, gelbe, schwarze, rothe Punkte, Streifen, Gruben etc. Gefahr, Unglück, Krankheit. Endlich achten einige Chiromantenauch auf kleine Figuren, die außer den Räumen noch von den Linien gebildet werden, unter ihnen z.B. die Buchstaben A-H, die sich zuweilen in den Bergen finden u. als göttliche (heilige) Buchstaben mit besonderen Andeutungen unterschieden werden. – Man leitet die Kunst der Ch. von den Chaldäern ab, wo sie schon zur Zeit des Propheten Daniel geübt worden sein soll. Von ihnen soll sie zu den Ägyptiern u. durch diese zu den Zigeunern, welche sie professionsmäßig betrieben, gekommen sein. Auch die Griechen haben sie von den Ägyptiern gelernt; Aristoteles kannte schon die sogenannte Lebenslinie u. verwirft nicht, daß ihre Länge der muthmaßlichen Lebenslänge entspreche. In dem Traumbuche des Artemidoros, im 2. Jahrh., findet sich zuerst eine zusammenhängende Lehre über die Deutung der Lineamente der Hand. Später verbreitete die Ch. sich mit der Astrologie; Cardan u. Theophrastus Paracelsus förderten den Glauben an sie, u. der Letztere dehnte den Begriff der Ch. ungebührlich aus, indem er darunter verstand 2) die Kunst aus den äußeren Signaturen u. Lineamenten an Menschen, Thieren, Pflanzen, Mineralien etc. ihre innere Qualität zu erkennen, u. hielt ihre Kenntniß für jedem Arzte nöthig. Vgl. außer Artemidoros, Cocles, Chiromantia etc., Bonn 1517, Fol.; Dessen Chyromantiae anaphr., ebd. 1523, Fol. u. ö. (französisch, Par. 1560, Rouen 1598); Dessen Chiromantiae compendium, Strasb. 1534; Joh. ab Indagine, Introductiones apotelesmaticae in chirom. etc., Frankf. 1522 u. ö., deutsch: Kunst der Chyrom., Strasb. 1523, Fol.; R. Goclenius, Chirom., Frankf. 1621; Ant. Piccioli, De manus inspectione, Bergamo 1578; De la Chambre, Sur la chiromance, Par. 1653; Joh. Prätorius, Thesaurus chiromantiae, Jena 1661.–64; Phil. May, La chiromantie médical, Haag 1665; Höping, Institutiones chiromanticae, Jena 1674; Dessen Chirom. harmonica, ebd. 1677; G. B. della Porta, Della chirofisionomia, Neap. 1677; Nic. Pompeji, Praecepta chiromant., Vened. 1680; Joh. Ingenbert, Chirom., Frankf. a. M. 1698, Fol.; Chiromantie nebst Traumbuch, ebd. 1742; Peuschel, Abhandl. der Physiognomie, Metoposkopie u. Chiromantie, Lpz. 1769.
— Pierer’s Universal-Lexikon, Altenburg: H. A. Pierer, 1858. Band IV. pp. 47-48.