Briefpapier
胡正言, Hu Zhengyan:
十竹齋箋譜, Shizhuzhai Jianpu [Sammlung verzierten Briefpapiers aus der Zehnbambushalle].
北京, Beijing: 荣宝斋, Rong Bao Zhai, 1952.
312 × 213 mm. I: [1 weißes], [12] (Vorworte), [31], [1 weißes] Doppelblätter. - II: [1 weißes], [1], [39], [1 weißes] Doppelblätter. - III: [1 weißes], [1], [36], [1 weißes] Doppelblätter. - IV: [1 weißes], [1], [36], [2] (Nachwort), [1 weißes] Doppelblätter. Mit insgesamt 283 meist mehrfarbigen Holzschnitten.
Vier Hefte chinesischer Bindungsart in gemustertem Seidenbrokat-T'ao mit Muster aus Drachen und Glücksymbolen in dunkelgrün, gold und blau auf hellgoldenem Grund, mit zwei Schließen. Gedruckte Papiertitelschilder auf dem Vorderdeckel sowie auf den Umschlägen der Hefte.
Das Vorbild allen modernen Briefpapiers, ein ausgezeichnetes Holzschnitt-Faksimile in der Technik des Originals. Die Yong-Baocai-Edition von 1952 wird von Tschichold als „schönste Ausgabe“ bezeichnet, ein „unvergleichlich vollendeter Neudruck“.
¶ „Im April 1644 hatte ein Rebellenheer die Hauptstadt Beijing erobert und die Dynastie der Ming gestürzt; der unglückliche letzte Mingkaiser I-tsung hatte sich erhängt. Drei Monate später mußte auch der neue Machthaber vor den siegreichen Mandschu flüchten, nachdem er zuletzt den Kaiserpalast in Flammen hatte aufgehen lassen, ehe noch die Truppen der neuen Dynastie Ch’ing die Hauptstadt besetzten. In Nanking wurde unterdessen eine Exilregierung unter dem Mingprinzen Fu gegründet; sie hielt sich vom Juni 1644 bis zum Fall von Nanking, dem 8. Juni 1645“ (Tschichold p. 30).
¶ Herausgegeben am Ende der Ming-Zeit in Nanking in den bewegten Jahren 1644-5 von Hu Zheng-yan, auch: Hu Yüeh-ts’ung, 1582-1672, geboren in Huichou in der Provinz Anhui, einem berühmten Verleger, bekannt geworden besonders durch sein 1633 erschienes Maleralbum aus der Zehnbambushalle, fand gerade in jener Stadt die Spezialisten für ein besonderes Farbdruckverfahren, das die Reproduktion von Farbschattierungen erlaubt. Die Motive sind nach Themen geordnet, in der Darstellung anbetracht ihrer Funktion jedoch sparsam und zurückhaltend.
¶ Der erste Teil wurde erstmals 1935 vom Holzschnittmeister und Schriftsteller Lu Hsün (= Chou Shu-jên) nachgedruckt, sodann vom Historiker Chêng Chên-to zusammen mit den restlichen in seinem Werk Chung-kuo pan-hua shih t’u-lu [Beiträge zur Geschichte des chinesischen Bilddruckes. Shanghai, 1940 und später] veröffentlicht.
¶ Der angebotene Nachdruck ist somit insgesamt der dritte und der zweite vollständige.
¶ I: 2 Vorreden, Inhaltsverzeichnis; 8 Ss. Gegenstände vom Schreibtisch des Gelehrten, mehrfarbig mit Prägung; 8 Ss. Blüten mit Felsstücken, mehrfarbig; 8 Ss. Bronzen und altertümliche Geräte, mehrfarbig mit Prägung; 8 Ss. Landschaften mit Gedichten, schwarz und grau mit Blindprägung; 10 Ss. Felsstücke mit Pflanzen, mehrfarbig; 10 Ss. Einsiedler und Weise, Umrisse mit Farben; 10 Ss. Blüten und Pflanzen, mehrfarbig und eine Seite mit Prägung.
¶ II: Inhaltsverzeichnis; 9 Ss. Fabeltiere mit Wolken oder Wasser, mehrfarbig mit Prägung; 8 Ss. Landschaften, Schwarzdruck; 10 Ss. Bambusgruppen, mehrfarbig; 8 Ss. Pflanzen, blindgeprägt; 8 Ss. Schmetterlinge, mehrfarbig; 8 Ss. Pflanzen, mehrfarbig mit Prägung; 10 Ss. Blütenzweige, schwarz und grau gedruckt; 8 Ss. Gefäße, mehrfarbig mit Prägung; 8 Ss. Orchis und Bambus, schwarz und grau gedruckt.
¶ III: Inhaltsverzeichnis; 72 Ss. Verschiedenes wie Landschaften, Gegenstände, Früchte, Pflanzen, Büchertische und -gestelle, Insekten, Tiere; mehrfarbig, zum Teil mit Blindprägung.
¶ IV: Inhaltsverzeichnis; weitere 24 Ss. Verschiedenes, mehrfarbig zum Teil mit Prägung; 8 Ss. Blüten, mehrfarbig; 8 Ss. Einsiedler, schwarz und grau gedruckt; 8 Ss. Gefäße und Instrumente, blindgeprägt; 8 Ss. Schildchen der Zehnbambushalle, mehrfarbig; 16 Ss. Verschiedenes und Getier, mehrfarbig mit Prägung; das Nachwort von Chêng Chên-to.
¶ Den poetischen wie auch emphatischen Vorworten von Li Yü-zhien und Li Ko-kung, die bei Tschichold auf den Ss. 31-33 widergegeben werden, kann der Leser entnehmen, daß Hu Zhengyan einer alten Familie angehörte, die sich seit langem literarisch betätigte, daß er malte, verschiedene Schreibstile und auch die alte Siegelschrift beherrschte, sowie daß er ungewöhnliche Buchausgaben und altertümliche Gegenstände sammelte. Es wird ferner von früheren Auflagen Briefpapiers berichtet, daß Boote und Pferde es schnell auch in entfernte Gebiete verbreiteten. Der Druck solchen Papiers erforderte eine meisterliche Vorlage, das Einfühlungsvermögen des Holzschneiders wie das des Druckers. So war die Sammlung des verzierten Briefpapiers mindestens ebenso sorgfältig produziert wie die Kalligraphie und Malerei der Zehnbambushalle, jedoch zusätzlich mit der Technik der Blindprägung ausgestattet, die der Farbe eine reliefhafte Struktur hinzufügt, bzw. ohne jegliche Farbe gestaltet. Von jener ersten Ausgabe hat sich nur ein Exemplar erhalten.
¶ Ausführlich beschrieben in: Jan Tschichold: „Die Bildersammlung der Zehnbambushalle“. Zürich, Rentsch, 1970. pp. 30-35 et pass. Sowie in Ulrich von Kritter: „Verzierte Briefpapiere“. In: Ders.: „China und Japan in Buchkunst und Graphik“. Wiesbaden: Reichert, 1985. p. 58 sqq. und Abb. zu Kat.-Nr. 13 – Vgl. R. Goepper: „Ostasien“. München: dtv. p. 134. Cf. Jan Tschichold: „Chinese Poetry Paper by the Master of the Ten Bamboo Hall“. Basel: Holbein, 1948.
Jan Tschichold: Die Bildersammlung der Zehnbambushalle. Zürich, Rentsch, 1970. pp. 30-35.
etrachten wir Spätgeborenen die unachahmlichen Briefpapiere Hu Cheng-yens, so müssen wir zugeben, daß das enthusiastische Lob seiner Zeitgenossen nicht übertrieben war. Ihre Komposition, ihre zarten Linien und ihre wunderbaren Farben, ihre vollendete Gestalt und die Delikatesse ihrer Drucklegung erweisen sie als wahre Kunstwerke. Die Blindprägung hat Hu Cheng-yens Druckmethoden noch erweitert und krönt seine Meisterschaft. Um die vollkommene Einheit von Schnitt, Druckfarbe, Blindprägung und Papier zu erkennen, muß man allerdings den Neudruck selber zur Hand nehmen“ (Tschichold p. 35). „Die Neudrucke gehören genau wie das Original zu den größten Meisterwerken der Druckkunst. Sie sind bewundernswert genau nachgeschnitten, in genau derselben Technik wie das Original auf das herrlichste Papier gedruckt und ersetzen wie schwerlich ein anderer Neudruck eines alten Werkes das einzige Originalexemplar auf das vollkommenste.
— Tschichold p. 31