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Pierre Garnier: Dissertation physique en forme de lettre

Garnier Dissertation physique

Pierre Garnier: Dissertation physique, 1692

Caduceus, des Hermes geflügelter Stab

Pierre Garnier:

Dissertation physique en forme de lettre à Monsieur De Seve, Seigneur de Flecheres, Conseiller du Roy, &c. dans laquelle il est prouvé que les talens extraordinaires qu’a Jacques Aymar, de suivre avec une Baguette les Meurtriers & les Voleurs à la piste, de trouver de l’eau, l’argent caché, les bornes transplantées, &c. dépendent d’une causé tres - naturelle & tres ordinaire.

Lyon: Antoine Beaujollin für Jean-Baptiste de Ville, 1692.

Duodecimo. 149 × 89 mm. 108, [3], [1 weiße] Seiten. - Lagensignaturen: A-D12, E8. Mit einem Kupfer auf Seite 32; Titel mit kleiner Holzschnittvignette, Holzschnittinitialen.

Broschur des 19. Jh. mit Umschlag aus Marmorpapier, handgeschriebener Rückentitel.

Behandelt die Frage, aus welchen Ursachen sich die Wünschelrute in den Händen des einen bewegt, in jenen eines anderen nicht. Der Verfasser geht vom Vorhandensein bzw. vom Verbleiben kleinster Teilchen, „Corpuscules“, aus, die dem Körper des Mörders oder Diebes u. s. w. entströmen und von jenem des Wünschelrutengängers über die Haut aufgenommen werden und dort die Konvulsionen hervorrufen, die die Wünschelrute bewegen. Im zweiten und dritten Teil, ab p. 78 und ab p. 95, werden weitere derartige Phänomene diskutiert. Garnier war Arzt zu Montpellier.

Klinckowstroem 50 – Caillet II,4354 – Graesse: Magica 37 – Goldsmith G161 – Bibliographien.


 

Die erste Beschreibung und Abbildung eines Rutengängers mit einer virgula furcata, gegabelten Rute, befindet sich in Georgius Agricola: De re metallica libri XII, Basel: Froben, 1556, p. 28:
„Virgula furcata, die ruten damit etliche vermeinen geng vſzzurichten“ (p. 559). 1530 beschrieb er sie bereits im Bermannus, sive de re metallica: „Virgula divina, die rute“. Der Reformator Luther mochte sie nicht: „... qui uirga diuinationis, occultos querunt thesauros“, so 1550 in Decem praecepta Wittenbergensi populo praedicta. Wittenberg: Joh. Lufft, 1550, fol. 4r.

virgula furcata, 1556

 

Herbert Clark Hoover and Lou Henry Hoover

So far as we are able to discover, this [Agricola, 1556. rfm] is the first published description of the divining rod as applied to minerals or water. Like Agricola, many authors have sought to find its origin among the Ancients. The magic rods of Moses and Homer, especially the rod with which the former struck the rock at Horeb, the rod described by Ctesias (died 398 B.C.) which attracted gold and silver, and the virgula divina of the Romans have all been called up for proof. It is true that the Romans are responsible for the name virgula divina, “divining rod,” but this rod was used for taking auguries by casting bits of wood (Cicero, De Divinatione). Despite all this, while the ancient naturalists all give detailed directions for finding water, none mention anything akin to the divining rod of the Middle Ages. It is also worth noting that the Monk Theophilus in the 12th Century also gives a detailed description of how to find water, but makes no mention of the rod. There are two authorities sometimes cited as prior to Agricola, the first being Basil Valentine in his “Last Will and Testament” (XXIV-VIII.), and while there may be some reason for accepting the authenticity of the “Triumphal Chariot of Antimony” by this author, as dating about 1500, there can be little doubt that the “Last Will and Testament” was spurious and dated about 50 years after Agricola. Paracelsus (De Natura Rerum IX.), says: “These (divinations) are vain and misleading, and among the first of them are divining rods, which have deceived many miners. If they once point rightly they deceive ten or twenty times.” In his De Origine Morborum Invisibilium (Book I.) he adds that the “faith turns the rod.” These works were no doubt written prior to De Re Metallica — Paracelsus died in 1541 — but they were not published until some time afterward. Those interested in the strange persistence of this superstition down to the present day — and the files of the patent offices of the world are full of it — will find the subject exhaustively discussed in M. E. Chevreul’s De la Baguette Divinatoire, Paris, 1845; L. Figuier, Histoire du Merveilleux dans les temps moderne II., Paris, 1860; W. F. Barrett, Proceedings of the Society of Psychical Research, part 32, 1897, and 38, 1900; R. W. Raymond, American Inst. of Mining Engineers, 1883, p. 411. Of the descriptions by those who believed in it there is none better than that of William Pryce (Mineralogia Cornubiensis, London, 1778, pp. 113-123), who devotes much pains to a refutation of Agricola. When we consider that a century later than Agricola such an advanced mind as Robert Boyle (1626-1691), the founder of the Royal Society, was convinced of the genuineness of the divining rod, one is more impressed with the clarity of Agricola’s vision. In fact, there were few indeed, down to the 19th Century, who did not believe implicitly in the effectiveness of this instrument, and while science has long since abandoned it, not a year passes but some new manifestation of its hold on the popular mind breaks out.
De Re Metallica. Translated from the First Latin Edition of 1556. New York: Dover, 1950.
 

 

Zur Vorgeschichte dieses Werkes

Am 5. Juli 1692 wurden ein Lyonser Weinhändler und seine Frau tot im Keller ihres Ladens aufgefunden. Die Behörden fanden Hinweise, daß das Paar mit einer blutigen Hippe, die am Tatort zurückblieb, ausgeraubt und ermordet worden war. Das Verbrechen blieb eine Zeitlang unaufgeklärt, bis der Magistrat aufgefordert wurde, einen Steinmetz namens Jacques Aymar-Vernay (1662-1707) zu konsultieren, der für seine Fähigkeiten als Rutengänger einen gewissen lokalen Ruhm erlangt hatte. Aymar stand nicht nur in dem Ruf, unterirdische Quellen und andere Fundstellen ausfindig gemacht zu haben, sondern sein größtes Ansehen rührte von seinem Erfolg bei der Verbrechensaufklärung mittels seiner Wünschelrute. Als Aymar zum Tatort gebracht wurde, kam er zu dem Schluß, daß drei Männer an den Morden beteiligt gewesen waren, und begann, sie aufzuspüren. Dank seiner Wünschelrute, die ihn in die nahe gelegene Stadt Beaucaire führte, wo er durch diese auf einen Buckligen stieß, der kürzlich geringfügigen Diebstahls wegen inhaftiert worden war, gelang es ihm, den Fluchtweg der Mörder zu rekonstruieren. Nachdem der Bucklige zunächst geleugnet hatte, etwas über die Morde zu wissen, gab er unter Folter seine Schuld schließlich zu. Nach seinem Erfolg bei der Lösung dieses Falles wuchs Aymars Ruhm. Doch nachdem die Académie des sciences ihn weiteren Tests unterzogen hatte, wurden seine Fähigkeiten als Wünschelrutengänger angezweifelt.
 

 

Eine Literaturzugabe

Ich werde das für Sie jetzt überprüfen, Modesty. Ist in der Garage etwas Draht? Am besten wäre galvanisierter Stahldraht.“ Modesty war damit beschäftigt gewesen, ein Päckchen Zigaretten zu öffnen. Sie hielt inne, warf Collier einen fragenden Blick zu und sagte dann: „Wie meinen Sie das, Dinah?“

„Das ist mein Beruf: das Auffinden von Rohren und anderen Dingen.“

Modesty drückte Dinah die Zigaretten und ein Feuerzeug in die Hand. „Rauchen Sie eine und unterhalten Sie sich mit Sir Gerald“, sagte sie. „Steve, komm mit und laß uns sehen, was wir finden.“

In der großen Scheune, die drei Wagen aufnahm und noch immer genug Platz für eine Werkstatt bot, schaute Modesty Collier mit emporgezogenen Augenbrauen an. „Ist das eine Art von Wünschelrutengängerei? Ein Aufspüren von Wasseradern?“

Er nickte. „Eine sehr praktische Art. Du lieber Himmel, ich wünschte, ich hätte früher davon gewußt. Es ist ein Phänomen, das bisher noch kaum erforscht wurde, und ich habe mir immer wieder vorgenommen, Studien darüber anzustellen.“

„Hat Dinah die Eigenschaft eines Mediums?“

Er antwortete mit einem Lachen. „Die braucht sie gar nicht zu haben. Das ist es ja, was die Sache für uns naseweises Volk so schwierig macht. Das Komische daran ist eben, daß auch viele Leute ohne erkennbare Fähigkeit zum Medium mit der Wünschelrute Erfolge verschieden hohen Grades erzielen können. Du könntest möglicherweise sogar selbst eine Reaktion verspüren.“

„Also jeder?“

„Ja.“ Collier schaute sich in der Garage um und trat dann vor, um von einem Nagel an der Wand eine Rolle mit galvanisiertem Stahldraht herunterzunehmen. „Es gibt eine Firma in Michigan, die tatsächlich Wünschelruten fabriziert. Und ganz normale, nüchtern denkende Ingenieure verwenden sie. Aber ich glaube, Dinah muß auf diesem Gebiet ganz speziell begabt sein. Such mir bitte eine Zange heraus, Liebling.“

Sie brachte ihm eine Zange von der Werkbank und sah zu, als er zwei etwas mehr als dreißig Zentimeter messende Stücke von dem Draht abschnitt.

„Du sprachst über das Auffinden von Wasseradern“, sagte er, „aber das Sonderbare dabei ist, daß es keine Rolle spielt, ob die Rohre mit Wasser gefüllt sind oder nicht. Die Abteilung Wasserversorgung in Michigan hat mit diesen verdammten Dingern gußeiserne Rohre, tönerne Abflüsse und gemauerte Rohreinmündungen lokalisiert, gleichgültig, ob sie Wasser führten oder trocken waren. Andere Firmen benutzen diese Dinger für Gasrohre oder Stromkabel.“

„Ich dachte, du hättest diese Frage noch gar nicht studiert.“

„Habe ich auch nicht - jedenfalls nicht systematisch. Viele Wissenschaftler sagen, es könne nicht erklärt werden und funktioniere daher auch nicht. Aber eine Menge Ingenieure in den USA gehen einfach drauflos und finden Rohre. Und die Scottish Electricity Board hier bei uns ist gerade mit Versuchen beschäftigt.“

Er hatte die beiden Stücke Draht geradegezogen und bog jetzt jedes Stück rechtwinklig ab, wobei ein Teilstück länger als das andere wurde.

„Welchen Prozentsatz an Erfolg haben diese Ingenieure denn zu verzeichnen?“ erkundigte sich Modesty.

„Ich habe keine Statistik darüber“, erwiderte Collier mit Bedauern. „Aber ich weiß, daß sie diese Geräte bei der Milford - Wasserversorgung, Connecticut, fünfzehn Jahre lang benutzt haben. Und dort arbeiten Ingenieure, die wirklich mit beiden Füßen auf der Erde stehen und Ergebnisse sehen wollen. Brauchst du dieses Stückchen Kupferrohr noch?“

„Nein. Warum?“

„Wir werden dem Mädchen einen Leckerbissen verschaffen. Und eine Überraschung. Kannst du eine Säge finden?“

Modesty sah schweigend zu, als Collier das etwa zentimeterdicke Kupferrohr in den Schraubstock klemmte und zwei Stücke von je zehn Zentimeter Länge absägte.

Er rieb die kleinen Röhren sauber und sagte: „Ich habe von Leuten gehört, die das mit einem Stückchen Draht von einem Kleiderbügel fertig bringen. Man hat mir gesagt, daß sie es sogar über einer Geländekarte schaffen, ohne auf dem wirklichen Terrain zu sein.“

„Über einer Karte?“

„Einfach eine kleine alte Karte. Das wäre aber nun wirkliche Mediumqualität.“ Er seufzte. „Ich muß das einmal eingehend studieren. Vielleicht wird Dinah eine Reihe von Experimenten für mich durchführen.“ Er runzelte die Stirn. „Komisch, daß sie dieses Talent bisher nie erwähnt hat.“

„Finde ich gar nicht komisch“, sagte Modesty und schaute ihn amüsiert an. „Sie erwähnte es aus dem gleichen Grunde nicht, aus dem du darüber zu sprechen vermeidest, daß du das Phänomen übersinnlicher Fähigkeiten erforschst. Du hattest schon drei Wochen mit mir geschlafen, ehe du es mir sagtest. Du hast dich als Metallurg ausgegeben, du Schwindler.“

„Na ja ...“ Er grinste, zuckte die Achseln und schob dann das kurze Teilstück jedes der beiden abgebogenen Drähte durch die Kupferröhrchen. „Wenn du den Leuten erzählst, daß du das Phänomen übersinnlicher Wahrnehmung erforschst, halten sie dich für einen komischen Kauz.“

„Ja. Darum ist auch Dinah so zurückhaltend, anderen zu erzählen, daß sie Rohre und Kabel auf eine kauzige Methode zu lokalisieren vermag.“

„So muß es wohl sein.“ Er nahm mit jeder Hand ein Stück Kupferrohr auf, so daß die horizontalen Enden der beiden dicken Drähte wie Pistolenläufe auf sie gerichtet waren. „Vorwärts jetzt, Baby. Ich hab dich ganz auf Nummer Sicher.“

Dinah stand auf, als sie um das Landhaus bogen und in den Garten kamen. „Wenn ihr keinen Draht finden könnt, kann ich mich auch mit einem Kleiderbügel behelfen“, sagte sie.

Collier blickte mit einem Lächeln zu Modesty. „Das habe ich auch gerade gesagt, Dinah. Aber wir haben etwas Besseres als das. Hier.“

Er ging zu ihr und drückte ihr die Röhrengriffe in die Hände. Ihre Augen weiteten sich. „Aber das sind ja richtige Detektoren. Woher wußten Sie ...?“

„Er ist so ziemlich der bedeutendste Forscher auf dem Gebiet übersinnlicher Wahrnehmung in diesem Land“, sagte Modesty. „ Daher weiß er Bescheid.“

„Steve! Davon haben Sie mir nichts erzählt.“

„Und Sie haben mir auch nichts erzählt. Wir wissen beide, warum wir es nicht taten. Aber hier befinden Sie sich in sympathisierender Gesellschaft. Niemand wird denken, Sie wären aus der entwichen.“

„Nun, das ist schön.“ Der letzte Rest von Befangenheit fiel von Dinah ab. Sie lächelte. „Holen Sie bitte ein paar Pflöcke und ein Knäuel Schnur, Steve. Es wird kaum lange dauern.“

Zwei Minuten später standen sie an dem Ende der grasbewachsenen Fläche, die westlich des Hauses lag. „Ich hätte schon vor einer halben Stunde fahren müssen“, murmelte Tarrant Modesty zu. „Aber ich möchte Willie gern sehen, und dieses kleine Zauberkunststück mag ich wahrhaftig nicht versäumen. Meinen Sie, es wird klappen?“

Modesty nickte. „Dinah scheint keine Zweifel zu haben.“

„Laufen Sie rechtwinklig zu einer Linie zwischen dem Dorf und dem Haus vor mir über den Bodenabschnitt, Steve“, sagte Dinah. „Später suchen wir dann in der Querrichtung.“

Sie hielt die beiden Detektoren mit den vorwärts weisenden Drähten wie Pistolen in ihren Händen. Dann begann sie sich langsam über die Grasfläche zu bewegen.

Sie hatte sechs Schritte zurückgelegt, als die beiden Drähte sich in ihren Röhren sanft drehten und auseinander wiesen. Sie mußte den winzigen Laut gehört haben, denn sie sagte: „Markieren Sie die Richtung mit zwei Pfosten, Steve, dann werde ich den Verlauf an beiden Enden der Grundstücksfläche überprüfen. Kennzeichnen Sie es als irdenen Abzugskanal. Einen Meter achtzig Tiefe.“

Er ging um sie herum, folgte mit dem Blick der Linie der anzeigenden Drähte und schlug einen Pflock in den Boden. „Woher wissen Sie, daß es ein irdener Abzugskanal ist?“

„Weil es das ist, wonach ich im Augenblick suche. Gas, Wasser und Strom mache ich später.“

„Und woher wissen Sie die Tiefe?“

„Ich weiß es eben. Seien Sie still und schlagen Sie die Pflöcke ein.“

Er schritt auf ihre andere Seite, schlug den zweiten Pflock in die Erde und sagte dann „Erledigt“. Sie schwenkte die Detektoren, so daß die Drähte wieder lose nach vorn fielen, und bewegte sich weiter.

Während der folgenden fünfzehn Minuten schlugen die Drähte etliche Male aus, als sie den Verlauf von Rohren und Kabeln feststellte, zuerst in der Mitte und dann an den äußeren Enden der Bodenfläche. Da war zunächst der Abzugskanal; dann ein Wasserrohr, das eine Ecke der Fläche abgewinkelt durchzog; ein Gasrohr, das an einem Ende die ganze Breite der Fläche einnahm; aber keine Stromkabel.

Dinah übergab Collier die Detektoren, als wäre sie froh, sie loszuwerden, und rieb sich über die bloßen Arme.

„Woher wissen Sie die Tiefe?“ fragte er noch einmal.

„Das spüre ich. Meine Arme prickeln stärker, wenn das Rohr, oder was immer sonst ich suche, sich näher an der Erdoberfläche befindet. Man kommt allmählich so weit, daß man es bis auf Zentimeter bestimmen kann.“

„Und damit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?“

„Ja. Ich bin keine Schreibkraft, und dies wird besser bezahlt. Judy kam mit und kümmerte sich um mich. Haben Sie die Linien gekennzeichnet?“

„Alles gemacht.“
— Peter O’Donnell: Modesty Blaise. Ein Gorilla für die Lady. Wien: Zsolnay, 1970. pp. 139-143. Übersetzt von Grit Körner.

 

Joseph von Eichendorff: Wünschelrute

Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.